Deadlands – Für noch ein paar Dollar mehr #01: Die glorreichen Acht

Howdy! Im neuen Jahr hat sich die Tavernenrunde in den Sattel geschwungen, um als Aufgebot gen Westen zu reiten und sich den dortigen – noch unbekannten – Gefahren von Deadlands: Reloaded zu stellen. Bewaffnet mit allerlei Handouts zu den diversen arkanen Hintergründen, einem Blick auf Sonderregeln und die Settingregeln, ging es dabei erst einmal um die Charaktererschaffung. Das forderte natürlich seine Zeit, denn wer im unheimlichen Westen überleben will, der muss es richtig angehen. Am Ende blieb sogar noch ein Stündchen Zeit, um den ersten Staub der Prärie zu schnuppern und sich in den länger werdenden Schatten der Abenddämmerung in einer beinahe ausgestorbenen Kleinstadt nahe Denver einzufinden…

Alice „Azrael“ Johnson
Hucksterin aus Missouri
Todesbotin, Loyal, Neugierig
In ihrem schlimmsten Alptraum ist sie des Nachts alleine in einem dunklen Haus,wird von großen Spinnen gejagt, eingesponnen und dann gefressen.

Annie Butcher
Schwarze Witwe und Totengräberin aus Coffin Rock
Tiefer Schlaf, Arrogant, Große Klappe
In ihrem schlimmsten Alptraum taucht ihr zuletzt verstorbener Ehemann wieder auf und fordert sein Vermögen zurück.

Doctor Harvey Lightning
Verrückter Wissenschaftler aus New Orleans
Übermütig, Wahnvorstellung (Prof. Pink will seine Erfindungen stehlen), Letztes Ziel (Rache an Prof. Pink für den Diebstahl der Erfindungen nehmen)
In seinem schlimmsten Alptraum stiehlt Professor Pink sämtliche von Doc Lightnings Erfindungen.

Marshall Lone
Agent aus Washington
Schwur (gegenüber der Agentur), Loyal, Neugierig
In seinen schlimmsten Alpträumen umspülen ihn unendliche Wogen aus Spinnentieren, die in jede Ritze und Körperöffnung hineinkrabbeln.

Prediger Dominic Cooper
Methodistischer Prediger aus Louisiana
Ehrenkodex, Gesucht (100$, seine Gran’ma will ihn lebendig zurück), Große Klappe
In seinen schlimmsten Träumen wendet sich Gott von ihm ab und Dominic konvertiert unter dem Befehl seiner Gran’ma zum Voodoo.

Sila Eska
Kopfgeldjägerin der Nordalaska Iñupiat und ein Halbblut
Todesbotin, Stur, Letztes Ziel (ihren Vater finden, einen Pelzhändler namens Darren „Pelzrücken“ Dimple)
In ihrem schlimmsten Alptraum wird sie von ihrer Familie in einer sengenden Wüste ausgesetzt und dort alleine zurückgelassen.

Vasili Nikolajewitsch Konets
Pelzjäger aus Russland
Einäugig (schwer), Außenseiter (leicht), Tiefer Schlaf
In seinem schlimmsten Alptraum fängt ihn die Baba Jaga und schlägt ihre eisernen Zähne in sein Fleisch, um ihn bei lebendigem Leib zu fressen.

Wa‘-nûp Ai’wa (Springendes Reh)
Schamanin der Mahgrahch-Ute
Langsam, Eid des Alten Pfads (leicht), Lahme Ente
In ihren schlimmsten Träumen sind ihre Beine im Erdboden versunken und sie ist somit gefangen, während um sie herum unzählige Monster aus der Tiefe hervorbrechen.

Mitte September im Jahre 1879. Das Leben im wilden Westen war schon immer hart. Doch seit einigen Jahren ist es härter und das Land ist nicht nur wild, sondern auch unheimlich. Es sind gefährliche Zeiten, denn hinter jedem Stein und in jedem Schatten kann der Tod lauern. Vor allem in einem so umstrittenem Gebiet wie Colorado, das nach dem Rückzug der Union und der Konföderation als so gut wie gesetzlos gilt. Doch genau in solchen Zeiten und Gegenden ist es möglich sein Glück zu machen, unterzutauchen oder diejenigen zu erwischen, mit denen noch eine Rechnung offen ist. Für solche Leute ist das großartige Denver, die Königin des Westens, eine gute Anlaufstelle. Manch einer, der nach Denver will, kommt an Eastman’s Creek vorbei, einer kleinen Stadt mit weniger als fünfzig Einwohnern – und die Zahl nimmt seit einigen Wochen stetig ab…

Wie es der Zufall an jenem schicksalhaften Tag in den späten Abendstunden wollte, trafen die unterschiedlichsten Gestalten in Eastman’s Creek zusammen. Da waren zuerst einmal der Wissenschaftler Doc Lightning und der Methodistenprediger Cooper, die es von Louisiana aus nach Colorado verschlagen hatte. Als sie nach Eastman’s Creek einritten, fiel ihnen bereits auf, dass die Stadt wie ausgestorben wirkte. Sie hielten auf den Saloon zu, der dunkel und verlassen wirkte. Vor diesem lag ein totes Pferd, mehr Gerippe als alles andere und augenscheinlich tot. Nun, auf den zweiten Blick eher nicht, denn es stemmte sich für ein paar Augenblicke in die Höhe, als es die Neuankömmlinge bemerkte, nur um kurz darauf wieder zusammenzusacken. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Gaul die Hufeisen endgültig abgab.

Von der anderen Seite der Stadt her, ritten nun auch Alice Johnson und Annie Butcher in die Stadt ein. Alice hatte im Laufe der letzten Jahre all ihre lieben Verwandten verloren. Die letzten von ihnen wurden von Annie unter die Erde gebracht. Durch den regen Kontakt während der Aufbahrung und der Beerdigung, war zwischen den beiden Frauen ein Band der Freundschaft entstanden. Als Alice beschloss ihr Glück in Denver zu suchen, schloss sich ihr Annie gerne an. Immerhin versprach Alice auch weiterhin gute Kundschaft – sie hatte einfach ein Händchen dafür.

Über die Mainstreet ritt Marschall Lone in die Stadt hinein. Mit seinem schwarzen Anzug machte er einen tadellosen Eindruck und stand im direkten Kontrast zu Doc Lightning, der ganz in weiß gekleidet war. Gleichzeitig stieß auch Wa‘-nûp Ai’wa hinzu, eine Schamanin der Ute, deren Namen „Springendes Reh“ bedeutete. Ihre gesamte Sippe war vor kurzem getötet worden, während sie sich alleine auf spiritueller Suche nach Führung befand. Das rettete ihr das Leben.

Zu guter letzt kamen hinter dem Saloon die Kopfgeldjägerin Sila Esk hervor, eine Eskimofrau aus Alaska, die zu den Iñupiat gehörte. Sie war ein Halbblut und auf der Suche nach ihrem Vater, den Mann, der ihre Mutter geschändet hatte. Die Spur führte nach Denver, denn angeblich sollte er sich dort aufhalten. Begleitet wurde Sila von Vasili, einem russischen Pelzjäger, den sie in Alaska kennengelernt hatte und der stest in Begleitung seines Kuba-Araweibchens Nadia unterwegs war.

Während der Prediger dem armen Gaul etwas von seinem Hafer spendierte, betraten die anderen den Saloon. Dieser war leer. Vasili schritt zur Theke und forderte dort lautstark Vodka. Das führte dazu, dass aus dem Hinterzimmer eine hagere Gestalt mit schiefem Lächeln hervorkam. Es war der alte Jim Whiskers, der von Gästen – vor allem in so großer Zahl – mehr als überrascht war. Erwartungsvoll nahm er die Bestellungen entgegen. Aber egal was jemand wünschte, im Saloon gab es nur Whisky; und zwar den selbstgebrannten Fusel von Ol’Whiskers.

Bereits bei der Ankunft hatten die Neuankömmlinge bemerkt, dass etwas in Eastmans’s Creek nicht stimmte. Bei einem Blick in die dunklen Fenster wirkte die Reflexion auf den ersten Blick, als würde der eigene Totenschädel zurückstarren. Und wer sich sein Konterfei im großen Spiegel hinter dem Tresen betrachtete, der sah ungepflegt und müde aus – obwohl dem nicht so war. Für Vasili sah es im Spiegel zudem so aus, als sei Nadia gerade in der Mauser.

Bei einem unverfänglichen Gespräch mit Ol’Whiskers stellte sich nun heraus, dass dieser die Spiegelungen gar nicht als merkwürdig wahrnahm. Zudem erzählte der alte Barkeeper, dass der dem Tode nahe Gaul vor dem Saloon sein treuer Pedro sei und sie in den letzten dreißig Jahren so einiges durchgestanden hätten. Und, na ja, in den letzten Wochen sei es auch zu einigen Todesfällen gekommen. Drei Ranches waren des Nächstens überfallen worden. Vermutlich waren es gesetzlose Mexikaner, die die armen Rancher aus ihren Betten gerissen und dann aufgeknüpft hatten. Einen Town-Marshal gab es leider nicht und derjenige der einem Bürgermeister am nächsten kam, war Ol’Whiskers.

Ol’Whiskers monierte dann sogleich bei Doc Lightning einen Ausschlag am Hintern, froh, dass endlich mal ein Arzt in der Stadt war. Der Doc versuchte zu erklären, dass er nicht diese Art von Arzt war, drang aber nicht richtig durch. Also empfahl er dem Barkeeper, den Hintern mit Fusel einzureiben. Schaden konnte es sicherlich nicht.

Ebenso wie alle anderen auch, ahnte Annie, dass etwas im Argen lag. Sie betrachtete nochmals ihre Spiegelung in einem der Fenster und zerschlug dieses dann kurzerhand, was Ol’Whiskers erneut auf den Plan rief. Der jammerte lautstark herum, denn so ein Fenster war teuer und musste erst einmal in Denver bestellt werden. Annie erklärte ihm, es sei wichtig um den Ausschlag zu behandeln. Doc Lightnig, der derweil die Spieglung im Wasser der Pferdetränke untersucht hatte, stimmte dem zu. Nun forderte Annie, Ol’Whiskers möge dem Doc doch mal bitte den Ausschlag an seinem Hintern hier am Tresen vorzeigen. Der alte Barkeeper war entrüstet, doch Annie versprach ihm, dass sich die Frauen alle wegdrehen würden. Auf diesen Kompromiss ließ sich der alte Mann dann murrend ein, denn immerhin ging es um seine Gesundheit. Und siehe da, es war wie vermutet, es war kein Ausschlag zu sehen. Außer für Ol’Whiskers, wenn dieser seinen Hintern im Spiegel betrachtete.

Der Ausschlag war für den Prediger nur Nebensache. Er war neugierig, was es mit den Todesfällen auf sich hatte. Also lenkte er das Interesse der Anwesenden auf dieses Thema. Sicherlich wäre die Stadt doch bereit etwas springen zu lassen, um die Taten der Mörderbuben, die vermeintlichen Mexikaner, zu ahnden. Nun, viel Geld war wohl nicht zu holen. Aber Ol’Whisker stellte jedem eine Flasche seines Fusels, einen harten Dollar, eine freie Mahlzeit und eine freie Übernachtung in Aussicht. Das war nicht überragend, aber für den Anfang besser als nichts.

Obwohl der alte Barkeeper sehr redselig war, war er alles andere als ein Quell an Informationen. Er verwies seine Gäste auf den Hardware Store nebenan. Vielleicht wüssten die Millers etwas mehr.

Diese waren im ersten Augenblick recht verschlossen – im wahrsten Sinne des Wortes. Die Angst vor den mexikanischen Banditen trieb sie um. Als Mike Miller aber hörte, dass sich jemand um genau dieses Problem kümmern wollte, war er gerne zum Reden bereit. Er und seine Frau Cindy berichteten, dass es um Eatsman’s Creek ungefähr zwanzig kleine Ranches gab. Vor zwei Wochen war jemand Nachts auf der nahen Prince-Ranch eingebrochen und hatte alle vier Bewohner aufgeknüpft. Vor einer Woche dann die gleiche Schandtat, diesmal jedoch auf der etwas weiteren Lattimer-Ranch: Das Paar mausetot am Galgenstrick. Und vor zwei Tagen nun der alte Mister Napper von der Napper-Ranch. Nachts aus aus seinem Bett gezerrt und aufgeknüpft.

An Besonderheiten gab es ansonsten nicht viel zu erzählen. Die Leute versteckten sich wegen den Morden in ihren Häusern. Die Stimmung in der Gegend war allgemein gedrückt und die Leute warteten auf den Wanderprediger, der alle paar Monate durch Eastman’s Creek kam. Cooper kitzelte recht schnell heraus, dass dieser Mann nicht nur die Kollekte herumgehen ließ, sondern von jedem eine Einlage von mindestens einem Dollar verlangte, bevor er das Wort Gottes verkündete. Vor allem Cindy Miller schien Gottes Vertretern auf Erden sehr zugetan, wie Mister Miller feststellte, als er seine Frau von Prediger Cooper wegzog. Auf Nachfrage erklärten die Millers zudem, dass der Wanderprediger oft in Denver anzutreffen sei und während seiner Anwesenheit dort im Hotel lebte. Wenn er sich in Eatsman’s Creek aufhielt, war er immer Gast bei einem der Stadtbewohner.

Cooper behielt den Wanderprediger erst einmal im Hinterkopf, dann ließ er sich von Mister Miller eine Karte der Umgebung zeigen, auf der die umliegenden Ranches grob eingezeichnet waren. Die Prince-Ranch lag drei Meilen entfernt, die Lattimer Ranch war vier Meilen weit weg und die Napper-Ranch fünf Meilen. Cooper sah sich die Karte genau an und bemerkte, dass die die Gonzales-Ranch sechs Meilen entfernt war. Wenn es ein Muster gab, dem die Mexikaner folgten, dann wohl dieses, dass sie die jeweils nächst nahe Ranch überfielen.

Obwohl sich die Sonne anschickte am Horizont zu verschwinden, stiegen nun alle auf ihre Pferde, um sich gemeinsam auf den Weg zur Gonzales-Ranch zu machen. Somit waren sie nun ganz offiziell ein Aufgebot, dass gemeinsam ritt.

Obwohl die Dunkelheit rasch zunahm, kamen sie gut voran. Als in der Ferne dann ein kleines einsames Licht zu sehen war, hielt das Aufgebot. Einigen von ihnen hatten auf einer Bodenwelle etwas merkwürdiges gesehen, aber das konnte auch eine Täuschung sein. Vorsichtshalber beschlossen Vasili und Lone abzusteigen und auf einer anderen Erhebung versteckt Position zu beziehen, um Rückendeckung zu geben. Das restliche Aufgebot machte sich nun auf den Weg zur Ranch. Das Hufgetrappel erregte natürlich Aufmerksamkeit und so öffnete sich die Türe. Ein misstrauischer Mann mit Gewehr in der Armbeuge blickte dem Aufgebot entgegen. Es war ein Mexikaner!

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