Hoard of the Dragon Queen: 1) Greenest in Flames
Die 5. Edition des Rollenspiels Dungeons & Dragons ist bereits seit mehreren Wochen aktuell und folgt dabei der üblichen Dreifaltigkeit: Player’s Handbook, Monster Manual und Dungeon Master Guide. Leider kommen die drei Grundregelbücher in Abständen auf den Markt und so wird es bis Ende 2014 dauern, um endlich die Basisregeln der aktuellen Edition komplett im Regal stehen zu haben. Allerdings fährt der Publisher Wizards of the Coast diesmal eine etwas andere Linie. So sind die Basic-Rules kostenfrei als PDF erhältlich. So soll es möglich sein Dungeons & Dragons zu spielen, ohne viel Geld investieren zu müssen. Allerdings handelt es sich bei den Basic-Rules nur um eine abgespeckte Variante der Regelbücher. Diese sind umfassender, bunter und einfach schöner. Spieler brauchen außerdem nur das Player’s Handbook; sie kommen also recht günstig weg, haben alle Optionen für ihren Charakter zur Verfügung und glänzen am Tisch mit eigenem, schicken Regelwerk.
In diesem Artikel dreht es sich aber nicht um die Grundregelbücher, sondern um das Abenteuerbuch Hoard of the Dragon Queen, das zusammen mit dem Player’s Handbook erschienen ist und zu dem Zweiteiler Tyranny of Dragons gehört. Der ganze Komplex kann wiederum im Rahmen des Organized Plays gespielt werden. Darum können sich aber andere Leute kümmern, denn bei mir dreht sich alles um meine Erfahrung mit dem Abenteuer in häuslicher Runde.
Im Gegensatz zu den Grundregeln zeichnet für das Abenteuer Kobold Press verantwortlich, namentlich Wolfgang Baur und Steve Winter. Beide sind in entsprechenden Rollenspielkreisen bekannte Persönlichkeiten. Sie haben es mit Tyranny of Dragons übernommen, die erste richtige Kampagne zu schreiben. Mit The Lost Mines of Phandelver gibt es übrigens schon ein offizielles Abenteuer. Es legt der bereits erschienenen Starter-Box bei und ist richtig gut.
Tyranny of Dragons ist ein recht großes Projekt und wird auf vielen Ebenen unterstützt. Allerdings hat Hoard of the Dragon Queen so seine Macken. Das führt deswegen mancherorts auch zur mangelnden Akzeptanz in Spielerkreisen. Nachvollziehbar. Aber so wenig Hoard of the Dragon Queen (HotDQ) ein Glanzstück der Rollenspielgeschichte ist, so wenig ist es auch ein Haufen Müll. Das Abenteuer ist als eher durchschnittlich zu bezeichnen. Es von der Hand zu leiten ist deswegen eine schlechte Idee. Spielleiter müssen einfach Arbeit in das Abenteuer stecken … oder es zumindest so gut kennen, dass sie einen Plan B aus dem Ärmel schütteln können. Allgemein kommt manchmal das Gefühl auf, hier wäre einem Rohtext einfach nur ein kleines Lektorat und schnelles Layout verpasst worden.
Bevor ich ins Detail gehe, erst einmal ein paar grundlegende Worte zu der Aufmachung. Das Abenteuer ist ein Hardcover und im gleichen Stil wie die Grundregelwerke gehalten. Das sieht schick aus und ist auch haptisch ein tolles Ding, denn die Cover der Bücher kommen mit unterschiedlichen Texturen und Materialien daher. Das benutzte Papier ist merklich dicker als in den Grundregelwerken und fühlt sich angenehm an. Auch der Farbdruck weiß weitgehend zu gefallen. Allerdings ist der Druck im Bereich der Illustrationen viel zu dunkel geraten. Jedenfalls mein Exemplar, das (dem Impressum nach) nicht unbedingt eine US-Ausgabe sein muss (jedenfalls gibt es den Verweis „Manufactured (…) Delémont, CH“). Ich gehe aber davon aus, dass in solch einem Fall die Drucker alle entsprechend eingestellt sind. Dadurch gehen natürlich viele Details der Illustrationen verloren, vor allem bei schummrigem Licht.
Allgemein sind die Illustrationen zwar gelungen, aber es gibt von ihnen einfach zu wenig. Hoard of the Dragon Queen hat sechs Kapitel und jedes wird mit einem knapp halbseitigem Bild eingeleitet. Der Rest sind Darstellungen der wichtigen NSC, eines Monsters und eines magischen Gegenstands. Dabei handelt es sich um freigestellte Objekte. Das ist zumindest gut, um sich daraus Pappminiaturen zu basteln. Die Werte der im Abenteuerbuch vorkommenden Monster finden sich zudem auch in dem kostenlosen Supplement zu Hoard of the Dragon Queen. Weil es nämlich zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung des Buchs weder das Monster Manual, noch den Dungeon Master Guide gab, wurde die benötigten Werte online nachgereicht. Wohl in dem Glauben, ein jeder der die Werte braucht erfährt von dem Online-Zusatzmaterial und hat eine Möglichkeit das Dokument herunterzuladen und sich anzeigen oder ausdrucken zu lassen. Einen Abdruck der relevanten Werte im Buch wäre allerdings eleganter. Dort gibt es nur NSC, Monster und magischen Gegenstände zu finden, die extra für das Abenteuer entworfen wurden. Werte aus dem Monster Manual fehlen komplett.
Richtig ärgerlich ist allerdings die Vermarktung der im Buch enthaltenen Karten. Die sehen stellenweise recht nett aus, sind aber manchmal etwas schwammig gehalten. Diese Karten gibt es nun auch in besserer Auflösung und in mehreren Varianten online. Allerdings gegen kleines Geld, das sich aber mit der Anzahl der Karten summiert. Und wer einen ganzen Batzen mehr ausgibt, der kann die Karten sogar als Druckwerk erwerben. Da muss ich sagen, das ist geradezu unverschämt. Im Grunde genommen wird hiermit der Preis von US $29,95 indirekt in die Höhe getrieben. Denn es sollte klar sein, dass Hoard of the Dragon Queen als erstes offizielles Abenteuerbuch eine entsprechend große Aufmerksamkeit bekommen und der Bedarf an den Karten entsprechend hoch sein wird; vor allem der Bedarf an guten und nützlichen Karten. Ich möchte nicht in die früher-war-alles-besser-Kerbe schlagen, aber tatsächlich gab es früher Illustrationen und Karten aus den D&D-Büchern bei den Wizards oftmals als kostenlose Spielhilfe. Somit wird der Service am Kunden zur nächsten Geldkuh, die gemolken wird.
Ebenfalls richtig ärgerlich ist auch, dass sich das Hardcover nach einiger Zeit zu biegen beginnt, was von der Lagerung oder dem Transport unbeeinflusst ist. Nein, das Ding braucht nur flach herumliegen und selbst dann beginnen sich Vorder- und Rückseite zu verbiegen. Das meldeten bereits auch anderen Besitzer auf unterschiedlichen Onlineplattformen. Hier wurde handwerklich eindeutig geschlampt. Das Biegen kann durchaus an einer fehlerhaften Leimung liegen oder weil die Pappe Feuchtigkeit zieht und sich deswegen wellt, aber das ist im Grunde egal, denn so oder so bleibt der Ärger darüber.
Bevor ich nun zum ersten Kapitel des Abenteuers komme, noch ein paar Worte zum Kampagnenhintergrund des Abenteuers. Das spielt nämlich in den Forgotten Realms (den Vergessenen Reichen). Allerdings kommen die nur als ein paar Pinselstriche daher, um der Sache etwas Farbe zu geben. Dadurch bleibt Hoard of the Dragon Queen doch recht generisch und kann bequem in andere Ecken der Reiche oder gar in komplett andere Welten verpflanzt werden. Da müssen nur wenige Änderungen gemacht werden. Scheinbar war das aber gar nicht großartig die Absicht der Autoren, denn so wie es aussieht kommt erst einmal kein Kampagnenband zu den Forgotten Realms auf den Markt … jedenfalls voraussichtlich nicht vor 2016 – falls überhaupt. Also klingt es danach, als gäbe es nur wenig Informationen über die neuen Reiche (die mit der 4E radikal umgebaut und bei denen mit der 5e wieder etwas zurückgerudert wurde) und so kann es durchaus sein, dass wegen mangelnder Informationen das Setting im Abenteuer entsprechend schwachbrüstig daherkommt oder weil niemand spätere Settinginformationen torpedieren wollte. Alles in allem eine Zumutung für die Fans.
Jetzt aber los ins eigentliche Abenteuer. Das gliedert sich in mehrere Kapitel und ist für Charaktere von Stufe 1 bis 16 ausgelegt. Die ersten sechs Kapitel finden sich in Hoard of the Dragon Queen und am Ende werden die SC Stufe 7 erreicht haben, um in The Rise of Tiamat weiterzumachen. Die Story dreht sich, ganz grob, um den Drachenkult und dessen neuen Anführer, der von der Tradition abweicht und die wahre Macht nicht in Drachenleichnamen, sondern in lebenden Drachen sieht. Und die wahre Macht verspricht sich dieser Mann, Severin Silrajin, durch die Befreiung der bösen Drachengöttin Tiamat, die in den Neun Höllen eingekerkert ist. Für die Befreiung braucht es fünf magische Drachenmasken. Werden diese zusammengesetzt, formt sich daraus eine besonders mächtige Drachenmaske. Severin Silrajin fährt sicherheitshalber (und im Geheimen) zudem zweigleisig. Er hat mir Rath Modar eine Allianz geschmiedet und somit eine Splittergruppe der Roten Zauberer von Thay auf seiner Seite. Die SC sollen das natürlich verhindern, aber erst einmal müssen sie von den Plänen erfahren. Genau das geschieht in Hoard of the Dragon Queen.
Die Grundidee klingt an sich nach Standardkost, aber weil hier einzelne Fraktionen aus den Reichen eingebaut werden, kommt die Sache doch sehr packend rüber. Das steigert die Vorfreude enorm. Stellt sich natürlich die Frage, ob die Kampagne hält, was sie verspricht. Die Ausgangslage scheint gut und macht Appetit auf mehr. Vor allem, wenn sich die Spielgruppe vorher den schicken Trailer anschaut, den es passend zu Tyranny of Dragons gibt.
Bevor es ans Spielen geht, kommt zuerst die Charaktererschaffung. Hier empfiehlt es sich eine neue Gruppe aus dem Boden zu stampfen, denn die Autoren hangeln sich grob an den Encountervorgaben entlang. Jedes der Kapitel ist also halbwegs für eine bestimmte Stufe ausgelegt. Neben der normalen Erfahrungspunktevergabe, gibt es deswegen das Milestone-System. Dabei werden keine normalen Punkte vergeben, sondern steigen die SC einfach am Ende des Kapitels auf. Das kann eine gute Idee sein, denn je nach Spielstil findet der Aufstieg einer Gruppe nämlich viel schneller statt. Und dann sind die einzelnen Abenteuer natürlich etwas leichter. Beginnt eine Gruppe die Kampagne sogar mit bereits gespielten Charakteren (ich würde hier maximal Stufe 3 zulassen), sind die ersten Kapitel unter Umständen viel zu leicht. Um das auszugleichen hat einer der Autoren empfohlen (ich weiß leider nicht mehr wo genau), zu einem späteren, passenderen Zeitpunkt ins Abenteuer einzusteigen. Auch eine Möglichkeit, aber keine elegante.
Sehr schön ist übrigens, dass es im Anhang von Hoard of the Dragon Queen passende Backgrounds gibt, um Charaktere mit spezifischen Bonds und Features auszustatten. Eine gelungene Idee, die sofort für eine passende Verknüpfung der Charaktere mit der Kampagne sorgen kann. Die Seite sollte aber vom SL bearbeitet werden, denn die Einleitung zu den Backgrounds enthält schon einige Informationen, die lieber erst im Spiel an die Spieler gelangen sollten. Davon einmal abgesehen wäre es nett gewesen, ein paar vollständige, settigsspezifische Backgrounds einzubinden, anstatt nur wenige Teilaspekte eines Abenteuerbackgrounds.
Das Layout selbst ist zwar aufgeräumt, aber viele Informationen verbergen sich leider im Fließtext oder sind erst gar nicht vorhanden. Allgemein scheinen Lektor und Layouter eine ruhige Kugel geschoben zu haben, denn manchmal werden wichtige Namen bei ihrer ersten Nennung zwar fett hervorgehoben, aber leider nicht immer. Zusätzliche Seitenverweise wären gut gewesen, ebenso wie relevante Spielwerte für NSC und Monster. So muss immer in den Anhang oder im Monster Manual geblättert werden. Das ist recht nervig. Zumal sich die Wizards gegen PDFs entschieden haben. Es ist also unmöglich, sich am Computer selbst die benötigten Informationen zusammenzustellen und passend auszudrucken. Na ja, unmöglich ist es nicht. Tatsächlich kursieren PDFs im Internet. Diese wurden aber von Fans erstellt und sind illegal.
Sind die Charaktere erschaffen, kann es aber auch schon losgehen. Dieser Artikel beschäftigt sich übrigens nur mit dem ersten Kapitel (Greenest in Flames) von Hoard of the Dragon Queen. Diesen Abschnitt habe ich mit meiner Gruppe bereits abgeschlossen und konnte ihn auch reflektieren. Die praktischen Erfahrungen anhand eines Quasispielberichts dürften ganz hilfreich sein. Insgesamt haben wir drei Nachmittage mit jeweils vier bis fünf Stunden gebraucht. Also eine recht angenehme Länge.
Was den einzelnen Kapiteln ebenfalls helfen würde, wäre übrigens eine Zusammenfassung der wichtigsten Personen. Wie bereits geschrieben, finden sich jene halt im Fließtext. Der ist zudem auch etwas löchrig und vergisst gerne einmal die Gebäudenummer anzugeben, so dass sich selbst erarbeitet werden muss, wo sich denn ein bestimmtes Gebäude befindet. Immerhin, eine Mühle mit Wasserrad ist glücklicherweise leicht zu verorten (1: Festung, 2: Ausgang des Geheimgangs, 3: Tempel der Chauntea, 4: Mühle).
Auch die Hierarchie innerhalb des Drachenkults ist nur kurz und schlecht beschrieben, vor allem in Bezug auf die wichtigen NSC in der Kampagne. Es ist auch nicht sofort ersichtlich, wer sich wo befindet. Einfach das Abenteuerbuch nehmen und mit Kapitel 1 loslegen, das funktioniert nicht. Manche Dinge erschließen sich erst nach der Lektüre der anderen Kapitel. Deswegen, etwas klassisch aufbereitet, eine kleine Spielhilfe:
Dramatis personæ
Lennithon (MM 91/Adult Blue Dragon): Ein erwachsener blauer Drache, der die Festung regelrecht mit Blitzen traktiert.
Leosin Erlanthar (-): Ein Mensch und Mönch, der dem Drachenkult nachspürt und eigentlich gar nicht in Erscheinung tritt.
Gouverneur Tarbaw Nachthügel (MM 348/Noble): Ein Mensch und der ältliche Herrscher über Greenest.
Kastellan Escobert der Rote (MM 347/Knight): Ein Schildzwerg und Kommandant der Festung.
Linan und Cuth Swift (MM 345/Commoner): Menschliche Bürger, die sich mit ihren drei Kindern auf dem Weg zur Festung befinden.
Frulam Mondath (HotDQ 90): Kommandantin der örtlichen Drachenkultzelle und des Räuberlagers. In Greenest ist nur ein Blick auf sie zu erhaschen, wenn überhaupt. Sie untersteht der Drachenlady Rezmir.
Rezmir (HotDQ 93): Auch die Drachenlady genannt. Ein schwarzer Halbdrache und wichtige Person, die hier nur namentlich in Erscheinung tritt. Sie ist der rote Faden, den es zeitweise zu verfolgen gilt. Als Wyrmspeaker der schwarzen Drachen bekleidet sie ein hohes Amt im Drachenkult.
Eadyan Falkenmond (MM 348/Priest): Eine Halbelfe. Sie ist die örtliche Priesterin im Chauntea-Tempel und hat dort mit ihren Schäfchen Zuflucht gesucht.
Langdedrosa Zyanzorn (HotDQ 91): Ein überheblicher blauer Halbdrache und Anführer der Räuber, die Greenest heimsuchen. Er untersteht Frulam Mondath.
Sergeant Markguth (MM 347/Guard): Ein Mensch. Seine Schwester und deren Kindern werden von Langdedrosa als Druckmittel eingesetzt, um einen der Verteidiger zu einem Duell zu fordern.
Cultists (18x/MM 345): Anwärter innerhalb des Drachenkultes
Acolytes (3x/MM 342): Angeheuerte Söldner mit klerikalem Hintergrund, die göttliche Zauber wirken können.
Kobolds (22x/MM 195): Verbündete Monster, die Drachen verehren und deswegen dem Drachenkult zugetan sind.
Ambush Drakes (2x/HotDQ 88): Drachenartige Kreaturen, die gerne aus dem Hinterhalt zuschlagen und zusammen mit Verbündeten besonders gefährlich sind.
Giant Lizards (MM 326): Nur kurz erwähnt und dann vergessen. Dienen deswegen höchstens als Kolorit und Lasttiere, um die Beute abzutransportieren. Können allerdings auch als exotische Reittiere herhalten.
Guards (12x/MM 347/Guard): Angeheuerte Söldner des Drachenkults, die entweder auf Gold oder auf einen Aufstieg im Drachenkult hoffen.
Wingend Kobold/Urd (1x/MM 195): Die geflügelte Variante eines Kobolds und ebenfalls mit dem Drachenkult verbündet.
Defenders (12x/MM 347/Guard): Die Miliz von Greenest, die sich aus Stadtwachen und mit Waffen erfahrenen Bürgern zusammensetzt.
Townsfolk (18x/MM 345/Commoner): Einfache, aber bisher wohlhabende Einwohner von Greenest.
Swarm of Rats (2x/MM 339): Fiese Ratten, die den geheimen Tunnel unter der Festung bewohnen.
Dragonclaw (1x): Ein Mensch und vom niedersten Rang innerhalb des Drachenkults. Führt den Angriff auf den Chauntea-Tempel an.
Neben den Namen und einer kurzen Erklärung, ist auch angeben, auf was für einer Seite sich die Werte befinden (MM = Monster Manual, HotDQ = Hoard of the Dragon Queen). Bei den üblichen NSC und Monstern stehen zudem Angaben, wie viele Miniaturen vorrätig sein sollten, falls diese im Spiel eingesetzt werden. Die namhaften NSC habe ich zudem ein wenig übersetzt.
Das Abenteuer beginnt nun damit, dass die SC des Abends nach Greenest kommen und Zeuge werden, wie das kleine Städtchen von Plünderern überrannt wird. Hm, der Karte nach ist das Ding eher ein Dorf und ich frage mich ernsthaft, warum die Plünderer solange brauchen, um Greenest auszuräumen. Hier scheint die Karte nicht ganz zum Szenario zu passen.
Zuerst habe ich gedacht, die Karte würde den Maßstab vielleicht in Yards angeben, aber dort steht tatsächlich Feets. Nun ist es so, dass sich die SC zur Festung durchschlagen sollen, um dort sicher unterzukommen. Je nach Startposition sind das gerade einmal 500 Feets. Grob gerechnet sind 100 Feets 30 Meter (1ft = 30,48 cm). Also haben wir eine Strecke von zirka 150 Metern, vollgepackt mit Proben, Zufallsbegegnungen und festen Ereignissen. Ganz ehrlich, das ist ziemlich bekloppt. Wir haben dann die Karte zwar als Orientierung genommen, aber in der Beschreibung habe ich einfach die Feets als Yards gewertet (1 yd = 91,44 cm) und über den Daumen gepeilt waren es dann 500 Meter. Die Zufallsbegegnungen fanden entsprechend auch nicht alle 100 feet statt, sondern halt 100 Meter. Immerhin sollte der Einstieg eine imposante Sache sein, mit sehr vielen Räubern. Ist doch doof, wenn die sich dicht an dicht drängen müssen. Anders kommt die große Anzahl an Gegnern in meinen Augen halt nicht unter.
Davon einmal abgesehen wurde Greenest also angegriffen. Unter anderem von einem blauen Drachen, der ständig Angriffe gegen die Festung flog. Das ist eine richtig coole Sache. Führt aber auch dazu, dass die SC erst einmal überlegen an der Stadt vorbeizuziehen oder abzuwarten, bis alles vorbei ist. Klar, das ist möglich, gibt aber keine XPs … falls die Gruppe nach Standard spielt. Nach dem Milestone-System kommt der Aufstieg ja auf jeden Fall. Hier besteht also die Gefahr, dass Kapitel 1 sehr kurz ausfällt, weil die SC im Grunde genommen den Einstieg überspringen. Mit passenden Bonds und passenden Alignments ist es aber dann doch eher so, dass die Leute losziehen. Wenn auch mit einem mulmigen Gefühl im Bauch.
Nun also nichts wie rein ins Getümmel. Und wie es sich gehört, kam die Gruppe prompt in die Verlegenheit einigen Einwohner helfen zu müssen. Die Initialbegegnung ist, dass eine kleine Familie von Räubern bedrängt wird. Die SC haben normalerweise die Möglichkeit recht unbehelligt durch die Straßen zu gehen, weil sie auf den ersten Blick ebenfalls für Räuber gehalten werden. Spätestens aber wenn die SC jemandem helfen oder Townsfolk sich haben, fällt die Maske. In unserem Fall bekamen es die Räuber sofort auf die Mütze. Anschließend beschloss die Gruppe, so schnell wie möglich zur Festung zu gelangen, bevor das Tor geschlossen wird. Da sich die Spieler fragten, ob es vielleicht schon geschlossen ist und man sich nicht lieber verstecken solle, habe ich die Sache mit Informationen von den Einwohnern ein wenig forciert. Die erklärten nämlich, dass im Falle eines Angriffs das Tor solange wie möglich offengehalten wird. Wenn der Gouverneur irgendwann das Tor doch schließen muss, schlagen die Wachen gleichzeitig die Glocke an, um eben jenen Umstand anzuzeigen. Das hat die Sache irgendwie richtig spannend gemacht, weil jetzt plötzlich ein imaginärer Countdown lief. Es gab in Wahrheit zwar keinen, aber das wussten die Spieler ja nicht.
Also ging es auf dem schnellst Weg weiter. Und das führte zu Würfelwürfen, ob Zufallsbegegnungen ausgelöst werden. Die stehen in Zusammenhang mit bedrohten Einwohnern. Und wenn davon wiederum genug vorhanden sind, können weitere Räuber auftauchen. Wie das im einzelnen aussieht, darüber schweigt sich das Abenteuer aus. Bis auf die Initialbegegnung gibt es also keine weiteren Ausarbeitungen. Das ist für manche Spielleiter ein Nachteil. Ich persönlich mag es, wenn mir Platz für eigene Interpretationen gelassen wird. Und ganz ehrlich, so schwer ist es nicht sich aus den anwesenden NSC und Monstern eine schöne passende Begegnung auszumalen.
Dabei ist übrigens zu beachten, dass es an sich zwar ein Balancing in Dungeons & Dragons gibt, das aber nur grob über den Daumen angepeilt wird. Durch die Zufallsbegegnungen können Kämpfe sehr schnell sehr fies werden. Und spätestens dann ist auch kein Balancing mehr vorhanden. Das hat mir sehr gut gefallen, denn ich mag dieses Encounterbasteln nach Statistik nicht, bei dem es möglich sein muss jede Begegnung zu schaffen. Das fehlende Balancing der Begegnungen ist allerdings etwas, was manchen Gruppen missfällt.
Meine Spielgruppe kam auch prompt in die Problemzone und musste ordentlich kämpfen. Schlussendlich gingen sie auf dem Zahnfleisch, als endlich das Tor zur Festung erreicht wurde. Um es genauer zu sagen, die überlebenden SC wurden von den geretteten NSC reingetragen. Immerhin besitzen die NSC Spielwerte und so ist es mehr als legitim, dass sie sich am Kampf beteiligen. Davon geht das Abenteuer offensichtlich auch aus, denn werden bei einer Zufallsbegegnung vier oder mehr Einwohner ausgewürfelt, dann tauchen auch zusätzliche Gegner auf.
Die Kontrolle über die mitgeführten NSC habe ich an die Spieler abgegeben. Die wollten die Leute retten, sollten sie sich also auch um die Buchhaltung und das Würfeln kümmern. Trotz allem war es eine verdammt knappe Kiste. Es ist nämlich zu bedenken, dass an sich nur wenig Zeit für eine kurze Rast bleibt. Die Nacht schreitet nämlich stetig voran und laut Text ziehen die Räuber bei Sonnenaufgang ab. So bleibt selbst in der Festung nur wenig Zeit, um sich zu erholen. An eine lange Rast ist da eigentlich nicht zu denken, denn Greenest in Flames sieht einige besondere Missionen vor, die es in sich haben. Zudem ist da noch der Drache, dessen Aufgabe es ist die Verteidiger in die Festung zu treiben und dort festzuhalten.
Das ist eine Sache, die mir ebenfalls gut gefallen hat. Der Drache ist ein mächtiges Wesen und wischt mit den Verteidigern und den SC einfach den Boden auf. An sich hat er keine Lust den Hirtenhund der Räuber zu spielen und er tötet nur diejenigen, die sich ihm entgegenstellen. Ziel der Räuber ist es nur reichlich Beute zu machen. Die Bösewichter sind keine irren Psychopathen, die einfach alle töten.
Die SC waren also endlich in der Festung und Gouverneur Nachthügel bat die erfahrenen Recken, sie mögen doch die ein oder andere Mission übernehmen. Da der Drache das Tor im Auge hatte und regelmäßig seine Runde gegen die Zinnen der Festung flog, sollten die SC durch einen alten Geheimgang im Keller gehen. Dort gab es dann rostige Gatter und fiese Rattenschwärme. Prompt wurde einer der Schwärme aufgeschreckt und trieb die Gruppe ins Freie, wo diese einigen Kobolden in die Arme liefen. Hier gab es dann den zweiten toten SC zu vermelden. Es raffte den Gnomenkrieger dahin. Die anderen SC mussten sich erst einmal im Freien verstecken und eine kurze Rast einlegen, stets der Gefahr ausgesetzt entdeckt zu werden. So war auch genug Zeit, um den nächsten SC ins Rennen zu schicken.
Die Gruppe rettete dann Unschuldige, die sich im Chauntea-Tempel verschanzt hatten und dort belagert wurden. Die SC machten einen Gefangenen zum Verhören, sie mieden den Hinterhalt an der Mühle und die SC schlugen die Eindringlinge in der Festung zurück. Sie jagten sogar den Drachen in die Flucht. Letzteres geht tatsächlich, kann aber schnell in einem Fiasko enden. Vor allem dann, wenn sich NSC und SC einfach tumb auf die Zinnen stellen und auf den Drachen feuern. Der ist ja nicht dumm und fliegt stets erst dann heran, sobald sein Odem aufgeladen ist. Laut Abenteuer flieht die bösartige Echse, sobald sie eine bestimmte Anzahl an Trefferpunkten verliert. Das hat mir gut gefallen, denn es verleiht dem Drachen noch mehr Persönlichkeit. Das Vieh ist es schon stinkig weil es Hirtenhund spielen muss und dann wird er noch von Nadelstichen gepiesackt. Sobald es ihm zu bunt wird haut der Drache dann ab. Seinem Meister kann er dann als Rechtfertigung ein paar kaputte Schuppen und steckende Bolzen zeigen.
Die Begegnung mit dem Drachen ist jedenfalls sehr gefährlich und einfach nach Buch abgehandelt, recht langweilig. Spannender und sicherer wird es, wenn die SC versuchen die Echse in eine Falle zu locken. Ich habe Lennithon (so der Name des Drachen) bereits im Vorfeld immer wieder mal den Kopf in Richtung SC wenden lassen, wenn die etwas Auffälliges machten. Das hat zum Einen die Spannung erhöht, weil niemand wusste, ob sich der Drache nun plötzlich für sie interessieren würde, zum Anderen wäre es dann plausibel, würde Lennithon angelockt und in eine Falle fliegen. Zudem habe ich im Keller der Festung eine Balliste (Skorpion) und passende Bolzen platziert (3d10, piercing, 200/800). Dazu drei Drachenlanzen (wie die Bolzen, aber aus Mithril und mit Widerhaken, die beim Rausreißen nochmals 3d10 Schaden machen). Begründung der Verteidiger für die Einlagerung: Die brauchten wir nie, deswegen wurde sie eingemottet. Und niemand traute sich das Gerät auf dem Turm aufzubauen, denn dort ist man relativ ungeschützt und ein gutes Ziel für den Drachen. Also lag es an den SC die Balliste aufzubauen (5 Aktionen), zu laden (1 Aktion) und abzuschießen (1 Aktion).
Einer stand Schmiere, denn falls der Drache ankam wollten alle Deckung suchen. Die erste Runde ließ sich auch gut an. Die Balliste wurde im letzten Augenblick fertig, als Lennithon zwischen den Häusern aufstieg und auf die Festung zuraste (der Drache ist klug, macht also keinen direkten Anflug). Zudem hatte der Blaue eine schlechte Initiative und war als letztes mit Handeln dran. Leider verfehlte der Schütze den Drachen und nutzte seine Bewegung, um den anderen hinterher in Deckung zu springen. Trotzdem wurde der SC geröstet und zwei Gruppenmitglieder lagen prompt im Sterben. Der Deckung wegen war der Schaden aber geringer ausgefallen als üblich. Dadurch hatten unterschiedliche Deckungsmöglichkeiten auch unterschiedliche Qualitäten und die SC mehr Chancen heil aus der Sache herauszukommen.
Lennithon flog jedenfalls wieder zurück und drehte zwischen den Häusern im Tiefflug seine Runden, um den Odem aufzuladen. Dabei blickte er immer wieder bösartig zum Turm hinauf. Er wollte die SC erledigen. Die Balliste war ihm erst einmal egal. Das war mehr als deutlich. Und dann rauschte Lennithon heran! Erneut ein Schuss mit der zweiten Drachenlanze …und auch der ging fehl. Scheiße! Erneut flog der Drache einen Angriff und war noch verheerender als zuvor. Es gab zwar keine Toten, aber etliche SC lagen im Sterben. Der Barde war noch gut weggekommen und stand auf den Füßen. Lennithon drehte ab, um wieder Deckung zwischen den Häusern zu suchen. Einen erneuten Odem würde keiner der SC überstehen, das war klar. Also griff sich der Barde ans Herz und sprang an die Balliste. Die Druidin hatte vor ihrem Umfallen noch die letzte Drachenlanze geladen. Der Schuss musste sitzen, ansonsten war alles aus. Drama pur, Spannung pur! Der Schuss wurde ausgelöst und … traf den Drachen. Der wirbelte wütend herum und riss sich fauchend das Geschoss heraus, was nochmals Schaden verursachte. Laut brüllend und immer wieder wegsackend flog er nach Süden fort. Und gleichzeitig ging im Osten die Sonne auf. Der Morgen brach an.
Arg zerschunden, dem Tode näher als dem Leben, wankten die SC zu Nachthügel auf die Zinnen. Die Räuber bereiteten ihren Abzug vor. Während die meisten von ihnen schwer beladen nach Süden zogen, blieben einige zurück. Nun stand die letzte Begegnung des Kapitels an.
Darin geht es darum, dass der Anführer der Räuberbande, Langdedrosa Zyanzorn sein Name und ein mächtiger blauer Halbdrache, einen der Verteidiger zu einem Duell herausfordert. Im Gegenzug lässt er dagegen eine Mutter und ihre beiden Kinder laufen. Das ist eine ziemlich spannende Sache, denn im Grunde genommen ist klar, das der Gegner wohl übermächtig ist. Auch seine Motivation ist nachvollziehbar, jedenfalls für mich und meine Gruppe. Im Abenteuer selbst kommt sie aber nicht unbedingt so gut herüber. Zyanzorn will sich zum Einen mit jemandem messen, zum Anderen will er die Verteidiger erniedrigen und ihre Moral brechen, damit niemand auf die Idee kommt ihnen zu folgen und Dummheiten zu machen.
Prompt meldeten sich zwei der SC, um den ungleichen Kampf zu kämpfen: Einmal die Zwergendruidin Amber, zu dem Zeitpunkt in der Gestalt eines Löwen, und der Zwergenkrieger Tordek. Beide ziemlich angeschlagen. Schlussendlich stellte sich Tordek dem Zweikampf. Er war zwar schneller als Zyanzorn, verfehlte aber und wurde von dessen Doppelhieb sofort niedergestreckt. Der Halbdrache sprach eine letzte Drohung aus („Das geschieht mit allen, die uns folgen!“) und dann zogen die Räuber endgültig ab.
Am Ende des Kapitels kommt es dann auch zur Vergabe von Belohnungen. In diesem Falle ein Heiltrank und XPs. Ich habe mich gegen das Milestone-System entschieden und die Punkte während der Spielsitzung notiert, um sie jeweils am Ende an die SC zu vergeben. Dadurch erreichten die SC bereits mit Ende der zweiten Sitzung auch die zweite Stufe, was die dritte Spielsitzung etwas vereinfachte. Ohne die zusätzlichen Trefferpunkte wäre der Drache ein sicheres Todesurteil gewesen, selbst in der entschärften Fassung und vor allem nach dem Originalverlauf. Zumindest hier sollte sich der SL etwas einfallen lassen, falls die Sache mit dem Drachen wirklich eingebaut werden soll. Mit Stufe-1-Charakteren wäre diese Begegnung bei mir nicht vorgekommen. Immerhin wollen alle am Tisch Spaß haben und sich nicht ausgeliefert vorkommen.
Greenest in Flames hat mir trotz allen Kritikpunkten sehr gut gefallen. Aber ich gehöre auch zu den Spielleitern, die sich gerne Material schnappen und ein wenig umbauen und aufplustern. Das ist nicht jedermanns Sache und ich kann mir gut vorstellen, dass es SL gibt die sich mit den wenigen Informationen alleingelassen fühlen und denen es schwer fällt, die Motivation der NSC zu erkennen und zu vermitteln. Mir ist das hoffentlich weitgehend gelungen und meine Spieler freuen sich bereits auf die Fortsetzung. Vor allem Tordek, der noch eine Rechnung mit Zyanzorn offen hat.