Iron Kingdoms – Fools Rush durchlaufen
Die Iron Kingdoms sind dem ein oder anderen Spieler sicherlich vom Tabletop (Warmachine und Hordes) oder auch der D20-Ära her noch ein Begriff. Das Setting stammt von Privateer Press (PP) und ist Steampunk mit einer ordentlichen Portion Fantasy. Da die Wurzeln im Tabletop liegen, ist die ganze Welt natürlich ziemlich kampflastig und an jeder Straßenecke gibt es militärische Bedrohungen. Der in Bellevue (Washington, King County) ansässige Verlag hat sich nun von dem D20-System verabschiedet und 2012 ein neues Regelwerk auf den Markt geworfen, das auf den Tabletop-Mechanismen basiert. Das soll, unter anderem, auch die Kompatibilität der Systeme untereinander unterstützen. Das neue Basisregelwerk soll voraussichtlich 2013 dann auch auf Deutsch bei Ulisses erscheinen. Mal sehen, ob dem tatsächlich so ist.
Begleitend zum neuen System hat PP ein Schnupper-Abenteuer veröffentlicht: Fools Rush. Ein ziemlich doppeldeutiger Titel. In dem Abenteuer geht es nun darum einem Stadtwächter dabei zu helfen, seine entführte Familie zu retten. Die Spielercharaktere gehören allesamt zu einer angehenden Söldnereinheit und der Stadtwächter ist dafür verantwortlich, ihnen den Kontrakt auszuhändigen. Also sagt die Gruppe natürlich ihre Hilfe zu, um an das begehrte Papier zu gelangen.
Insgesamt stehen vier vorgefertigte Charaktere zur Verfügung, die gut ausgebaut sind und auch ordentlich Kompetenz bieten. Die Sonderregeln werden weitgehend erklärt, wenn auch manchmal ein wenig gesucht werden muss. Sehr schön ist hier, dass die Hintergründe der Figuren ausführlich behandelt werden und auch mit dem Abenteuer verknüpft sind. Das macht richtig Laune.
Das PDF selbst ist auch ziemlich umfassend. Es kommt mit satten 47 Seiten daher, was für ein Introductory Adventure schon ordentlich ist. Hier gehen aber einige Seiten für Pappaufsteller, Schablonen, Bodenpläne und eine Leerseite drauf. Das Spiel hat seine Wurzeln halt im Tabletop, und entsprechend ist die Ausstattung. Leider auch die Kurzregeln, die im Grunde nur den Kampf behandeln. Dabei werden natürlich ordentlich Details ausgespart. Es soll ja auch nur kurz vorgestellt werden, worum es geht.
Das spiegelt sich dann auch im eigentlichen Abenteuer wieder, das verdammt knapp gehalten ist und keine Ausreißer zulässt. Die Autoren des Szenarios (Simon Berman und Douglas Seacat) haben zwei Kampfszenarien kreiert und der ganzen Sache dann drei (Vorlese-)Enden spendiert.
In unserem Testspiel lief es darauf hinaus, dass die Gruppe dem ersten Einleitungstext folgte und ich ein wenig Geblubbere mit dem Hauptmann ausspielte, bevor es zur ersten Begegnung ging. Anstatt nun einfach den Bodenplan aufzulegen und die Miniaturen zu positionieren (Iron Kingdoms kennt übrigens Facing), gab es dann ein wenig Beschatten, Anschleichen und schlussendlich doch die Konfrontation mit dem Order of Golden Crucible. Durch den von mir zugelassenen Freiraum konnte der Gruppentrollkin „The Muscle“ dann die getriggerte Explosion hautnah miterleben und bekam ordentlich Schaden ab. Allerdings kann so ein Trollkin gut mit Schaden umgehen.
Fools Rush lässt wirklich kaum Möglichkeiten, um Rollenspiel zu betreiben oder Abseits der Vorgaben zu agieren. Also ist die Gruppe rein in das brennende Haus, sicherte die Beweise und folgte dann den Spuren zu den Docks runter. Übrigens spielt die ganze Sache in Corvis, was im Abenteuer selbst nur selten gut vermittelt wurde. Überhaupt fehlen Informationen zur Spielwelt. Das Abenteuer ist halt auf die Regeln – und vor allem dem Kampf – ausgerichtet. Offensichtlich sollen die Tabletopper zum Rollenspiel gezogen werden, aber keine Rollenspieler ins Setting hinein. Das ist ziemlich Schade, denn die Iron Kingdoms bieten einiges an stimmigem Hintergrundmaterial.
Söldnerführerin Colbie „The Boss“ Sterling führte ihre kleine Truppe also zu den Docks hinab. Immer dabei: Colbies Steamjack Doorstopper. Der wurde dann auch kreativ eingesetzt, um die Feinde an Bord eines kleinen Dampfschiffes zu stellen.
Der Arcanist Eilish hob den Steamjack mit einem Kran in die Lüfte und ließ ihn dann auf das Schiff krachen. Das zermatschte die dortigen gefangenen Wächter des Golden Crucibles und versetzte den eigentlichen Bösewichtern einen ordentlichen Schrecken. Mit der Überraschung auf Seiten der Gruppe, war es dann ein leichtes die Gegner auszuschalten und das Zielobjekt sicherzustellen.
Es ist natürlich nur vorgesehen den Bodenplan aufzubauen und dann loszulegen. Eventuell wäre der Kampf dann herausfordernder gewesen. Aber so war die Sache kein Problem und die Spieler konnten eines von drei Enden auswählen. Diese Enden sind übrigens allesamt Vorlesetexte und münden alle – trotz etwas abgewandelten Texte – in der gleichen doofen Situation.
Da ich das Tabletop selbst mag und mit den Kampfregeln vertraut bin, hat mir Fools Rush nur wenig gegeben. Aber auch für Neulinge ist so eine reine Kampfsache ziemlich lahm, dürfte aber dem Geschmack der eigentlichen Zielgruppe entsprechen. Wirklich viel von der Hintergrundwelt und den gängigen Regeln gab es nur wenig bis gar nichts zu sehen. Soziales und investigatives Rollenspiel war zudem Mangelware. Eine Seite mehr mit ein paar zusätzlichen Infos zum Hintergrund und etwas mehr Rollenspiel wäre sicherlich kein Problem gewesen. Schade, denn Fools Rush reiht sich vor allem dadurch in die Riege wirklich mieser Einstiegs- und Kennenlernabenteuer ein.