Projekt “Abenteuer” – Die Macht der Namen
Ich glaube die Bedeutung von Namen für einen Charakter und ein Abenteuer wird manchmal ein wenig unterschätzt. Der Name ist manchmal das Letzte was ausgewählt wird („Äh, ich nenne ihn, ja, äh, ja …“), der Name passt nicht zum Charakter („Mein Charakter heißt Torschlusspanik“) oder der Name lässt gar das ganze Abenteuer lächerlich wirken („Heute spielen wir ‚Mildreds fette Keule'“), anstatt für Spannung und Vorfreude zu suchen. Manche Namen verraten auch, um was es im Abenteuer genau geht („Keep on the Shadowfell“) und das ist für Spieler im Grunde auch doof.
Beim Schreiben eines Abenteuers sollte man sich also ziemlich früh Gedanken über den Namen, also den Titel machen. Man kann es später ja ändern, aber ein guter Titel bereitet Freude und zählt auch als Leitthema, an dem man sich orientieren kann. Beim freien Leiten gebe ich meinen Abenteuern natürlich keinen Namen, da ich gar keine Abenteuer habe – bis zu dem Augenblick, in dem sie aus der Geschichte entstehen. Schreibe ich aber mal was auf, dann bekommt das Kind auch einen Namen – das ist vor allem gut, um Dateien auf der Festplatte zu speichern.
Eines meiner Abenteuer hieß „Sestras Stern“ und gehört zur Traveller-Mini-Kampagne „Unter Brüdern“. Für den Nachfolger „Kalter Kaffee“ hatte ich bisher wenig Zeit und konnte nur die Grundstruktur und die einzelnen Szenen entwerfen. Die beiden bisherigen Abenteuer meiner Shadowrun-2070-Kampagne gehören zur Mini-Kampagne „Sokonow Ice“ und nennen sich „Daten aus der Gruft“ und „Ein Haufen Müll“, für TERSP habe ich mal „Das Zeichen der Sieben“ geschrieben. Die meisten der Titel waren für mich dabei immer sehr aussagekräftig, konnten von meinen Spieler aber mehrfach gedeutet werden.
Auch die Namen der Personen sind von großer Bedeutung. Während in der Prosa einfache Nebenfiguren namenlos bleiben sollten, sieht die Sache im Rollenspiel ganz anders aus. Das liegt am Metagaming, das auch ungewollt einfließen kann. Immerhin wissen Spieler sofort das ein Charakter wichtig ist, sobald er einen Namen hat. Ich gehe deswegen oft so vor, auch etlichen unwichtigen SLC (Spielleitercharaktere)/Rollen/NPC/NSC Namen zu geben. Das klingt auch persönlicher als ein Buchstabe oder eine Zahl und es fördert ein wenig die Kreativität. Und die SLC bleiben somit geheimnisvoll und unberechenbar. Durch das Wegfallen von Namen kann man die Spieler allerdings auch gezielt in eine bestimmte Richtung weisen – falls man das möchte („Hat keinen Namen, also Links herum“).
Basierend auf der bisherigen Abenteuerstruktur und als bekennender Star-Trek-Fan, nenne ich das Abenteuer nun „Die letzte Grenze“. Ich wies zu Beginn des Abenteuers schon auf Doppeldeutigkeiten hin – mal sehen, ob die im weiteren Abenteuer Bedeutung findet. Ich hoffe es mal.
Namen sind sehr wichtig, sie vermitteln einen bestimmten Stil, beeinflussen gar das Verhalten der Person gegenüber. Ich möchte für das Abenteuer natürlich eine bestimmten Stil. Da die Reise eine Grenze entlang führt, sind die beiden Länder auch in ihren Namen geprägt. So soll die eine Seite ein wenig spanisch klingen, die andere Seite einen Hauch Frankreich aufweisen. Klingt auch schön nach Mantel-und-Degen-Film.
Man muss nun kein Sprachwissenschaftler sein oder die entsprechende Sprache beherrschen. Es handelt sich um ein Stilelement und auch ein wenig um kleine Erinnerungshilfen. Hier bieten sich als Quellen Wörterbücher, Telefonbücher und Namenslisten an. Falls nun jemand an die Recherche eines Autoren erinnert wird: Ja, das ist so, jedenfalls bei mir. Ich will in erster Linie immer eine Geschichte erzählen.
Für die Vornamen ist die Seite www.beliebte-vornamen.de ein guter Einstieg. Dann habe ich mittels Yahoo.de noch ein spanisches Wörterbuch herausgesucht (www.super-spanisch.de) und für den französischen Teil greife ich auf ein Wörterbuch aus meiner kleinen Bibliothek zurück.
Ich beschließe nun, dass der Auftraggeber zum Geldadel des Landes gehört und sein Geld vor allem mit Devisenhandel erwirtschaftet. Also Suche ich im Wörterbuch nach Geldwechsler und finde Cambista. Aha, da steht el und la, also übernehme ich das und lege fest, dass bei höhergestellten Persönlichkeiten del den Mann und dela die Frau markiert. Und was für ein Zufall, bei den Vornamen sind alte iberische Namen aufgeführt. Das passt wie die Faust aufs Auge. Bei der Familie in die eingeheiratet werden soll lege ich fest, dass diese Leute ihr Geld mit der Pferdezucht macht und suche nach der Übersetzung für Hengst. Bei den Städten gehe ich ähnlich vor. Ausgangspunkt ist „Kielwasser“ und Ziel wird „Endpunkt“ sein. Nun kann ich mein Abenteuer bereits mit einigen Titeln und Namen schmücken.
Die letzte Grenze
Airas del Cambista aus der Hafenstadt Aguas ist alleinerziehend und möchte seine Tochter Blanca mit Bermudo del Semental verheiraten, der in Destino lebt. Blancas Mutter Branca starb bei der Geburt und die Ehe der beiden Kinder wurde bereits in frühen Jahren vereinbart. Dadurch wird die Macht der einflussreichen Handelshäuser Cambista und Semental gestärkt. Blanca ist bald siebzehn Jahre alt, in diesen Kreisen das heiratsfähige Alter, und wird in die Ferne geschickt, um dort ihren Ehemann Bermudo zu treffen.