Resorbium 19 – Dämmerung – Aus der Stadt

Nach einem etwas unvorsichtigem Einstieg ging es nun weiter mit Resorbium. Die Situation war ziemlich dramatisch, denn Richard von Lohren hatte sich den Virus eingefangen und die erste Infektionsstufe kassiert. Nun galt es die Infektion aufzuhalten, denn es gab ja kein Mittel, um den ZV zu bekämpfen. Niemand hatte eine Ampulle R3 zur Hand. Eine ziemlich miese Ausgangslage. Außerdem hatten sich einige Spieler abgemeldet. Deswegen standen „nur“ zwei Spieler zur Verfügung, um die Geschichte weiterzuführen. Okay, das ist mehr als ausreichend. Vor allem für ein so dynamisches System wie Savage Worlds.

resorbium-221Die Überlebenden hatten also einen Konvoi zusammengestellt, um Hamburg zu verlassen und die Kinder in Sicherheit zu bringen. Eine gute Sache, hinter der vor allem Marcels Mutter vorbehaltlos stand. Hier mal ein Kompliment an den Spieler, der in vollem Bewusstsein die ganze Familie seines Charakters und sogar dessen soziales Umfeld einbezieht. Dadurch sind ziemlich derbe und emotionale Szenen möglich, wenn sich alle darauf einlassen. Hat zwar wenig mit klassischem Action-Rollenspiel zu schaffen, aber das Charakterspiel startet durch.

Die Überlebenden sattelten also auf und verließen die Stadt. Sämtliche Sperren waren aufgehoben und die Bundeswehr versuchte die Beschlüsse der Bundesregierung umzusetzen. Im Grunde war sich trotzdem jeder selbst der Nächste. Und die ganze Hoffnung ruhte einfach darauf, dass die Zombies schneller als die Menschen verhungern würden.

Dabei geht meine Berechnung allerdings davon aus, dass es 30% Tote, 60% Zombies und 10% Überlebende gibt, sobald der schlimmste aller Fälle eingetreten ist. In Hamburg lebten grob 1,8 Millionen Menschen als der Virus ausbrach. Das macht dann 180.000 Überlebende, 540.000 Tote und 1.080.000 Zombies. Die Verluste sind deswegen so hoch, weil die Zombies ja gezielt auf Menschenjagd gehen. Das macht bei 82 Millionen Bundesbürgern insgesamt also 8.200.000 Überlebende, 24.600.000 Tote und 49.8000.000 Zombies. Allerdings verschieben sich die Prozente je nach Bevölkerungsdichte ein wenig. Um einen Überblick über die einzelnen Bundesländer zu bekommen: <200=20%/50%/30% und >300=35%/60%/5%. Das klingt jetzt alles ziemlich willkürlich, aber das ist es auch.

Die Überlebenden waren also unterwegs nach Korkenwinkel, einem Dorf in Schleswig-Holstein (<200) mit zirka 1.000 Einwohnern. Das macht die Berechnung natürlich ziemlich einfach: 200 Tote, 500 Zombies und irgendwo haben 100 Leute überlebt, indem sie geflohen sind oder sich verschanzt haben.

Die Überlebenden waren vorsichtig und hielten erst einmal auf der Straße vor dem Dorf. Die Fahrt hatte ihre Zeit gedauert, denn die Fahrzeuge waren weitgehend nur mit knapp 30 km/h unterwegs. Dadurch konnte jederzeit auf Hindernisse reagiert werden, die sich auf der Straße befanden. Niemand bestellte die Felder, also gedieh die Natur nach Lust und Laune. Hohe Graswiesen und Felder waren das Resultat, aber auch verendete Milchkühe auf den Weiden.

Der Konvoi fuhr nach Korkenwinkel hinein, um sich die Sache anzusehen. Überall lagen verweste Leichen, aber es gab nur wenige Zombies und erst recht keine Überlebenden. Marcel und Richard waren sicher, dass eine Aufräumaktion keine Probleme bereiten würde. Also fuhren sie zum Dorfgemeinschaftshaus. Vielleicht war es möglich dort ein Hauptquartier errichten oder wenigstens ein Lager für die Nacht aufschlagen zu können.

Der Konvoi hielt vor dem zweistöckigen Satteldachgebäude. Marcel, Richard und Siggi stiegen aus und gingen langsam über den kleinen Vorhof. Einige Zombies wankten auf sie zu. Die Überlebenden legten an und schossen einige Zombies weg. Augenblicklich suchten sich alle anderen der Bauern, es war kein Superzombie anwesend, Deckung oder zogen sich in die Seitenstraßen zurück. Marcel und Richard waren mehr als überrascht. Das Verhalten war neu.

resorbium-23Vorsichtig machten sich die drei Männer über den Hof, als sie vom Bus her Schreie hörten. Einige Zombies hatten abgewartet, bis sich die Bewaffneten entfernten und wankten nun auf die Busse zu. Sofort legten Marcel und Richard ihre Waffen an, während Tina und Karl Theodor Gas gaben, um die Busse aus dem Dorf zu bringen. Siggi machte sich zum Dorfgemeinschaftshaus hoch, um die Türe aufzubrechen.

Die Zombies merkten nun, dass die Busse abfuhren – und mit den Fahrzeugen auch die Aussicht auf Frischfleisch. Also stürmten sie hungrig und wütend los, um sich wenigstens an den Zurückgebliebenen zu laben. Die eröffneten das Feuer und hielten unter den Infizierten blutige Ernte. Aber immer mehr Zombies strömten aus ihren Verstecken hervor.

Nun war guter Rat teuer, denn die Charaktere wurden regelrecht umzingelt. Die Infizierten hatten eindeutig an Gehirnschmalz zugelegt. Und das sorgte schon für ein wenig Panik bei den Spielern. Mit einem dummen Gegner ist leicht Kirschen essen, aber mit einem klugen Gegner sieht die Sache ganz anders aus. Also beschlossen die Spieler, dass sich ihre Charaktere zurückziehen sollten.

Marcel gab Richard Feuerschutz. Der Bundeswehrpilot sprang in den Dingo und ließ den Motor an. Mit Vollgas bretterte Richard in die Zombies und bremste neben Marcel scharf ab. Der schwang sich ins Fahrzeug, öffnete die Luke und klemmte sich hinter den Granatwerfer.

Siggi hatte sich den Weg zu einem kleinen Schuppen gebahnt, um dort in Deckung zu gehen. Zu seiner großen Freude stand dort ein fahrbarer Rasenmäher, ein Mini-Traktor. Siggi suchte nach dem Schlüssel und hatte Glück. Und dann brach Draußen die Hölle los.

Der Dingo hatte einen Granatwerfer eingebaut und den benutzte Marcel nun – und zwar im Automatik-Modus. Es lebe das Internet! Bei Unklarheiten kann schnell einmal nachgesehen werden. Es sterbe das Internet! Bei Unklarheiten kann schnell einmal nachgesehen werden. Das ist Segen und Fluch für den modernen Spielleiter, denn seine Kreativität und seine Schludrigkeit können sich hier schnell einem Live-Check stellen müssen. Natürlich um so ärgerlicher, wenn es ein Fachgebiet betrifft, auf das der Spielleiter noch nie einen Fuß gesetzt hat. Wohl einer der Gründe, warum Fantasy im RPG immer geht – notfalls heißt es „It’s a kind of magic!“

Jedenfalls setzten die Überlebenden den Zombies mit den Granaten heftig zu und auch Siggi hielt mit dem Rasenmäher kurzfristig blutige Ernte. Aber allen war klar, langfristig war hier keine Schnitte zu verdienen. Also wechselte Siggi ebenfalls in den Dingo und die Überlebenden gaben Fersengeld.

Korkenwinkel fiel nun aus. Der Bundesverteidigungsminister war ziemlich bedrückt. Aber es blieb noch das große Zentrallager von ALDI-Nord, nur zwei Kilometer weiter. Vielleicht hatten die Überlebenden dort mehr Glück. Doch die Sache sah hier ebenfalls ziemlich bitter aus.

resorbium-24Vor dem umzäunten Gelände standen knapp über vierzig Pkw unterschiedlicher Art. Einige Zombies wankten zwischen den Autos umher. Die beiden kleinen Kühlhäuser schienen unversehrt, aber in das Tor des Hauptlagers hatte jemand einen Wagen gefahren und Teile des Tores weggesprengt. Das Gebäude lag also offen und die Überlebenden gingen davon aus, dass sich darin Zombies befinden würden. Aber eventuell konnten die einfacher aus dem Weg geräumt werden, als die Zombies in Korkenwinkel.

Marcel und Richard schnappten sich ihre Waffen und gingen los. Sie wollten sich erst einmal zu Fuß die Sache ansehen und begannen die vereinzelten Zombies aus dem Weg zu schießen. Marcel kam an einen Familienwagen heran und sah vorsichtig hinein. Was er sah, ließ ihn zitternd zurückschrecken. Auf der Rückbank saß, im Kindersitz noch angeschnallt, ein ausgemergelter infizierter Säugling. Und seine kleinen Hände versuchten Marcel zu greifen …

Tja, was eine ordentliche Fortsetzung ist, die braucht auch ordentliche Schockmomente, um die anderen Erlebnisse noch zu übertreffen. Und so eine Szene ist schon ziemlich derbe – wenn die Spieler Charakterspiel betreiben und sich auf die Stimmung einlassen. Blöde Witze sind hier natürlich abträglich. Diese Begegnung stammte übrigens aus einer weiteren Begegnungstabelle mit zweiundfünfzig Einträgen.

Während sich Marcel neben dem Wagen übergab, erlöst Richard den Säugling mit einem Gewehrschuss. Die beiden Männer machten sich auf den Weg zurück zum Dingo. Es war nun an der Zeit die Autos aus dem Weg zu räumen, um auf das Gelände zu fahren.

Richard klemmte sich hinters Steuer, während Marcel die Luke öffnete, um vom Dach aus noch infizierte Einzelgänger wegzuschießen. Das Erlebnis mit dem Baby steckte ihm noch in den Knochen. Mit den Gedanken ganz woanders wurde Marcel beinahe Opfer eines Springers, der sich unauffällig ans Heck des Dingos geklemmt hatte. Im letzten Augenblick schlug der ehemalige Zivildienstleistende die Luke wieder zu. Nun hatten sie einen Zombie auf dem Dach des Dingos.

Marcel setzte sich neben Richard, der nun Gas gab und versuchte den Springer vom Dach zu schütteln. Das gelang auch und der Zombie kullerte ins Feld. Marcel stieß die Türe auf und legte an. Der Springer machte einen Satz auf ihn zu, sprang aber zu kurz und sah knurrend in den Lauf von Richards Gewehr, der nun abdrückte. Erledigt.

Das Lager verlor langsam ebenfalls an Attraktivität. Es war schwerer als gedacht eine sichere Zuflucht zu finden. In dem Augenblick donnerte es jenseits eines nahen Wäldchens. Richard erkannte darin sofort Granatfeuer. Irgendjemand ballerte ebenfalls mit großen Geschützen. Ein Verbündeter im Kampf gegen die Zombies?

Während Tina und Karl Theodor mit den Bussen zurückblieben, fuhren Marcel und Richard los, um sich die Sache anzusehen. In diesen Zeiten wusste man ja nie so ganz, was los war. Der Dingo fuhr parallel zum Wäldchen auf einem Feldweg entlang, da stolperte hinter dem Fahrzeug ein Bundeswehrsoldat aus dem Unterholz und purzelte einen Abhang hinunter, um auf dem Feldweg benommen liegen zu bleiben. An sein Handgelenk war ein Alu-Koffer geschnallt.

Bevor Richard seinen Kameraden begrüßen konnte, kamen fünf weitere Männer aus dem Unterholz. Sie trugen graue Uniformen ohne Abzeichen und waren mit schallgedämpften Maschinenpistolen bewaffnet. Ohne auf den Dingo zu achten, jagten sie dem Bundeswehrsoldaten einige Kugeln in den Leib. Richard sah rot!

resorbium-25Er setzte augenblicklich das Fahrzeug zurück und brauste in die unbekannten Männer hinein. Die sprangen im letzten Augenblick zur Seite und gaben einige Schüsse ab. Der Anführer der Bande erklärte mit französischem Akzent, dass sich Marcel und Richard heraushalten sollten. Doch Richard sah die Sache anders. Vor allem wollte er auch den Koffer, auf dem das Logo der Bayer Schering Pharma AG prangte. Also fuhr der Dingo erneut an – diesmal vorwärts. Erneut sprangen die Fremden aus dem Weg. Nur der Anführer der Männer schaffte es nicht rechtzeitig und wurde vom Dingo hart getroffen. Er ging tödlich getroffen zu Boden. Nun klemmte sich Marcel an die Geschütze des Wagens.

Die Unbekannten erkannten endlich die Gefahr. Einer von ihnen hieb mit einem Messer die Hand des toten Soldaten durch und schnappte sich den Koffer, um Fersengeld zu geben. Seine Kameraden folgten ihm. Richard zog Marcel vom Geschütz weg und gab noch einen Feuerstoß hinterher, mit dem er einen weiteren der Männer erledigte. Doch der Koffer war weg und es stellte sich die Frage, ob die Männer verfolgt werden sollten …

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