Savage Aventuria 07 – Abend wird es wieder

Die Schlacht an der Klammbrecherfurt war geschlagen. Und bis auf das tapfere Streitross von Don Anselmo y’Aquilar gab es keine Verluste. Die Sache hätte allerdings sehr leicht weitaus schlimmer ausgehen können.

Obwohl die Mitglieder des Trekks müde vom Kampf waren, nahmen sie sich keine Zeit um zu rasten. Nein, denn immerhin wusste niemand, ob nicht weitere Truppen der Schwarzpelze in der Nähe lauerten. Also musste Gronk zu Fuß durch den Fluss, um auf der anderen Seite des Olku Seile zu befestigen. Leider gab es keine richtigen Haltepunkte und so verließ sich der Halbork auf seine  Muskeln.

Der Trekk schickte zuerst nur einen Wagen hinüber, der dann als Sicherung fürs Seil herhielt. Bei jedem der Wagen jammerte Bruder Ronivart laut herum und bat um Travias Gunst, um die ziehenden Ochsen zu stärken. Ohne Zeitnot – und mit den passenden Vorsichtsmaßnahmen – war es schlussendlich kein Problem, die Furt zu passieren und auf der anderen Seite des Flusses die Reise fortzusetzen. Ziel des Trekks war nun die Reichsabtei Sankt Praiodan. Dort würden die Helden sicherlich ein paar Tage rasten und ausheilen können. Zudem war die Abtei bekannt für ihr gutes Bier, was vor allem die Fuhrleute und Namon freute.

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Musikalische Untermalung

Am Nachmittag zogen die Ochsen dann auch schon die schweren Wagen des Trekks den steilen Weg hinauf, der zur Abtei führte. Abt Tiberius selbst begrüßte die Pilger freundlich und lud sie ein zu bleiben und sich auszuruhen. Wohlwissend wie die Praioten auf Magie reagieren, beschlossen die Mitglieder des Trekks bereits im Vorfeld, Agadors schamanistische Begabung zu verschweigen.

Spätestens wenn Geweihte ins Spiel kommen, wird es kompliziert. Das ist mir erneut aufgefallen. Der ganze religiöse Apparat kann doch nur über Spielleiterwillkür und Spielergehorsam funktionieren. Würden sich die Geweihten tatsächlich verhalten wie in den unzähligen DSA-Büchern angegeben, es würde niemals klappen. Aventurien hat in seiner jetzigen Ausführung ein immenses Glaubwürdigkeitsproblem. Kein Wunder, das die Foren voll sind mit Beiträgen wie „Wie spiele ich meinen Xyz-Geweihten richtig?“. Und sämtliche Tipps klappen nur, wenn der Gruppen-Geweihte nicht mit der Welt koexistiert, sondern in einer Blase vor sich hinreift. Das ist wie in einer schlechten Serie und es ist vor allem schlecht für freies Abenteuerdesign.

Ich bin schon seit längerem über dieses Problem am nachdenken und zu dem Entschluss gekommen, viel von den Geweihten wegzuschneiden und die ganze Religionsthematik etwas freier auszugestalten. Dann handle ich zwar nicht mehr nach Kanon, aber die Welt kann funktionieren.

Abt Tiberius wies dem Trekk eine Unterkunft zu, dann erklärte er wo sich die Pilger aufhalten dürften und was für Örtlichkeiten nur dem Orden zugänglich seien. Zudem war leider das Bier alle und das Brauhaus wegen Reparaturen geschlossen, erklärte den Abt bedauernd. Auch die Schweine seien abhanden gekommen.

Namon und Agador wurden zum Krankensaal gebracht und dort von Bruder Fabius versorgt, einem besonders geschwätzigen Geweihten. So erfuhren Zwerg und Waldmensch, dass es in den letzten Wochen mehrere Todesfälle innerhalb der Klostermauern gab. Eine Nachricht, die Don Anselmo mit Sorge aufnahm und den Condottiere veranlasste, das Gespräch mit dem Abt zu suchen.

Tiberius gab unumwunden zu, dass es Probleme gegeben, es sich aber um Unfälle oder Suizid gehandelt habe. Seiner Meinung nach keine Fremdeinwirkung. Immerhin würde ein Geweihter des Praios merken, wenn in seinem Refugium etwas nicht stimmen sollte.

Die Helden zogen sich zur Beratung zurück. Egal was der Abt sagte, irgendetwas schien nicht zu stimmen. Überhaupt machte vieles in der Abtei den Eindruck, als würde mit falschen Karten gespielt. Oder in diesem Falle: Als würde nicht das ganze Blatt offengelegt. Misstrauen und Vorsicht waren nun oberstes Gebot.

Das Verhalten der Praioten sorgte dann auch für eine unruhige Nacht. Während sich fast alle auf ihre Quartiere zurückzogen, beschloss Gronk den Sonnenturm zu beobachten. Immerhin hatte es da wohl zwei der drei Todesfälle gegeben. Zufall? Das wollte der Halbork herausbekommen. Als Versteck hatte er sich die leeren Schweineställe ausgesucht. Von hier aus gab es einen guten Blick zum Turm. Und tatsächlich. Irgendwann war des Nachts Licht im Turm zu sehen, das sich bald auf den Turm verlagertere und dann erlosch.

Gronk machte sich nun daran und kletterte Außen am Turm hinauf, um die Sache genauer zu untersuchen. Leider war er zu langsam und fand nur noch die Spuren eines Kampfes. Gronk sah an der nördlichen Außenseite des Sonnenturms hinab und entdeckte Schreckliches: Einen Toten! Erneut hatte es ein Opfer gegeben.

Der Halbork bewahrte erst einmal die Ruhe und sah sich kurz etwas im Turm um. Dann warf er einen Blick über das Gelände und machte einige Schatten aus, die sich am Krankensaal entlangbewegten. Etwa Gefahr für seine Kameraden Namon und Agador? Gronk machte sich also an den Abstieg und suchte Anselmo auf, um ihn über die Ereignisse in Kenntnis zu setzen. Sofort machten sich die beiden dann auf den Weg, um nach dem Zwergen und dem Waldmenschen zu schauen.

Den beiden ging es gut. Agador war zwischendurch zwar wach geworden als ein Mönch nach den Verbänden und Tinkturen auf dem Tisch sah, aber es gab keine beunruhigenden Dinge. Anselmo machte sich nun auf den Weg, um Abt Tiberius zu wecken, während die anderen drei Spuren folgten, die sich vor dem Krankensaal befanden. Diese Spuren führten zum Schlafsaal und einem paar warme Sandalen, die einem älteren Laienbruder gehörten. Der Mann war sehr verwirrt und entschuldigte sich dafür, dass er des Abends öfter austreten und an die Wand pinkeln müsse. Das war wohl eine falsche Spur.

Jenes befand auch Abt Tiberius, der erschüttert von dem neuen Todesfall war. Er schnappte sich einige seiner Brüder, um die Leiche zu bergen. Bei dem Toten handelte es sich um Bruder Fabius. Und das in den heiligen Mauern der Reichsabtei. Ein Skandal! Zumal ein Verbrechen unter den strengen Augen von so vielen Praiosgeweihten ein Unding sein sollte. Abt Tiberius sah jedenfalls ein, dass er die Hilfe der Pilger wohl gut gebrauchen könne, um den Fall aufzuklären …

Tja, diesmal ist es die investigative Schiene, die gefahren wird. Die Truppe ist bereits seit einigen Tagen und Spielabenden unterwegs. Und es wurde erst ein Drittel des Weges nach Wutzenwald zurückgelegt. Aber das gibt die Strecke auch problemlos her und es macht mehr Spaß, als die Tour in ein oder zwei Sitzungen abzuhandeln. Vor allem wachsen die Verbindungen zur Wildermark ziemlich natürlich, was ich jedem Vorlesetext vorziehe. Sollten wir tatsächlich das komplette Abenteuer spielen, dann sind das wichtige Elemente und wirken nicht aufgesetzt. Die Gruppe kennt sich bereits im Vorfeld in der Gegend aus und hat Freunde und Feinde in Schlüsselpositionen.

Das die Reise so lange dauert, liegt aber auch an den Spielern. Die sind durchweg ziemlich spielhungrig und schnappen gierig nach jedem Abenteuerbissen, den ich auch nur halbwegs in ihre Richtung halte. Ich muss ständig gucken, ob nicht jemand meine Hand abgebissen hat. Für mich als Spielleiter natürlich eine gute Sache ist. Es ist ja oft genug so, dass lauter Abenteuerhaken ausgeworfen werden und nach noch nicht mal einem wird geschnappt. Da bleibt manchmal nur die dicke Abenteuerkeule. Hier sieht die Sache etwas anders aus, was großen Spaß macht. Mal sehen, wie lange sich das hält.

Besonders schön finde ich, dass wir einen leichten aventurischen Stil verfolgen, ohne uns von dem ganzen Ballast erdrücken zu lassen. Für mich fühlt sich das oft wie in alten Zeiten an, als es kaum Zusatzbücher und noch unzählige weiße Flecken gab, um sich ein eigenes Aventurien zu schaffen. Und obwohl wir uns viele Freiheiten gönnen, liegen wir mit dem Abenteuer trotz allem noch sauber auf einer Linie. Ich bin mal gespannt, wie lange das noch anhält …

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