Savage Worlds – Regeln im Blickpunkt: Glücksspiel

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Glücksspiel ist in Savage Worlds eine Fertigkeit, die eher selten eingesetzt wird und weitgehend nur in bestimmten Settings Sinn macht. Beispielsweise in Western-Settings wie Deadlands: Reloaded oder The Sixth Gun (beides bei Pinnacle erschienen). Da bietet es sich förmlich an, einen Gambler in den Sattel steigen zu lassen. Oder auch in Science-Fiction-Settings, die „Western in Space“ abbilden. Ansonsten ist die Fertigkeit aber recht nutzlos und wertvolle Fertigkeitspunkte wären an anderer Stelle sinnvoller. Vor allem ohne Glücksspiel fällt das leichter und setzt wichtige Punkteoptionen frei.

Das ist kein Problem, denn die Anwendungsgebiete dieser Fertigkeit können durch andere Eigenschaften überzeugender umgesetzt werden. Zum Beispiel Wahrnehmung fürs Kartenzählen bei Blackjack (eine Verstandprobe wäre auch möglich), Überreden fürs Bluffen beim Pokern, Heimlichkeit fürs Falschspielen, Einschüchtern um jemanden absichtlich zum Verlieren zu bringen oder Provozieren, damit ein Mitspieler unnötige Risiken eingeht. Das funktioniert vor allem beim Pokerspielen sehr gut, was untenstehende Illustration anschaulich verdeutlicht.

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Natürlich gibt es andere Glücksspiele, bei denen soziale Fertigkeiten nicht so gut funktionieren. Zum Beispiel bei Spielautomaten. Hier kann Reparieren eingesetzt werden, um eine Manipulation am Gerät vorzunehmen. Das kann der Einsatz eines Magneten sein, ein Tritt im richtigen Augenblick oder ein verrücktes wissenschaftliches Gerät (zum Beispiel der „Glückszahlmanipulator 3000“), das zuvor im Keller zusammengebastelt wurde. Was dagegen nicht funktioniert, ist das beliebte „Hochdrücken“ von Automaten, das, wenn man den Spielern in den Spielhallen zuhört, erlernbar ist und dafür sorgt, dass „Profis“ niemals verlieren. Da man merkwürdigerweise niemals einen Spieler trifft der verliert bleibt natürlich die Frage offen, wie sich die Betreiber finanzieren, wenn sie doch andauernd ausgenommen werden. Die Lösung? Die „Profis“ belügen sich selbst. Glücksspiel lohnt sich einfach nicht. In Savage Worlds sieht die Sache dagegen anders aus, aber es ist auch nur ein Spiel, Gewinn und Verlust somit reine Fiktion.

Mittels den Grundregeln können noch weitere Fertigkeiten hervorragend fürs Glücksspiel eingesetzt werden, wenn es, zum Beispiel, um Pferde- oder Hunderennen geht. Durch Nachforschung (Wettzeitung lesen) oder Umhören (mit den Jockeys plaudern) kann, unter anderem, der Favorit fürs nächste Rennen herausgefunden werden.

Durch den kreativen Einsatz der bekannten Fertigkeiten werden diese etwas aufgewertet und jeder kann irgendwie an einem Glücksspiel teilnehmen. In einem Setting in dem Glücksspiel tatsächlich Sinn macht oder wenn jemand unbedingt einen Gambler als Konzept spielen möchte, ist es sinnvoll ein Expertentalent einzubauen. Hier ein Beispiel:

Glücksspieler (Expertentalent)
Voraussetzungen: Anfänger, Verstand W8+
Egal ob bei einer Partie Poker auf einem alten Raddampfer oder im Spielcasino einer Weltraumstation – Glücksspieler wissen worauf es ankommt, erkennen den günstigen Augenblick, lesen die Zeichen richtig und stehen mit Fortuna auf Du und Du. Glücksspieler erhalten deswegen einen Bonus von +2 auf alle Fertigkeitenproben, die mit Glücksspiel in Verbindung stehen.

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Kommen wir zum zweiten wichtigen Punkt beim Thema Glücksspiel: Gewinn und Verlust. Die offizielle Regel fabriziert recht außergewöhnliche Ergebnisse und kann schnell dazu führen, dass ein Charakter mehr zahlt als er möchte und sich dabei vielleicht sogar verschuldet. Eine Sache, die nicht jedem Spieler unbedingt schmeckt, denn der Begriff Einsatz wird nicht von jedem als Wette oder Mindestgebot verstanden, sondern als maximale Summe die im Spiel gesetzt wird. Die offizielle Regel um Gewinn und Verlust zu bestimmen sieht jedenfalls so aus:

Beispiel: Kali erzielt mit einer 10 das höchste Ergebnis, Yuri das niedrigste mit einer 4. Die Differenz beträgt 6, also zahlt Yuri €60, das Sechsfache des Einsatzes von €10, an Kali.
Quelle: Savage Worlds Grundregeln

Das kann man machen, aber es geht auch anders. Erst einmal wird der tatsächliche Einsatz eines jeden Teilnehmers bestimmt. Dabei kann es durchaus sein, dass ein bestimmter Mindesteinsatz verlangt wird. Mehr als den festgelegten Einsatz kann niemand verlieren, es sei denn, der Charakter erklärt „auf Risiko zu gehen“. Dann bekommt er auf seine Fertigkeitenprobe zwar einen Bonus von +1, kann aber tatsächlich mehr verlieren als gedacht – und eventuell nachzahlen oder sich verschulden. Der Pott besteht nun aus allen Einsätzen und so vielen Anteilen, wie Charaktere am Spiel teilnehmen.

The winner takes it all!

Jeder Charakter macht nun seine Fertigkeitenprobe. Der Zielwert beträgt dabei mindestens 4. Jemand der hier scheitert und auf Risiko gegangen ist zahlt einen weiteren Anteil in den Pott. Das kann auch ein Schuldschein sein oder ein Gegenstand von entsprechendem Mindestwert.

Nun wird ausgewertet. Der Spieler mit dem höchsten Wert erhält zwei Anteile aus dem Pott. Dabei kann jeder selbst bestimmt, was für einen Anteil er aus dem Pott nimmt (es ist meistens Geld, kann aber durchaus ein Schuldschein oder ein Gegenstand sein). Dann bekommt in absteigender Reihenfolge der nächste Charakter einen Anteil. Nur Spieler mit erfolgreicher Probe erhalten übrigens überhaupt einen Gewinn – haben alle einen Misserfolg, dann bekommt allerdings jeder seinen Einsatz zurück (außer es ist ein Spiel mit Bank, dann bekommt diese alles). Hat jeder Anteile aus dem Pott erhalten und es ist noch Einsatz vorhanden, beginnt die Auswertung von vorne, bis nichts mehr da ist.

Steigerung: Ein Spieler der zumindest einem erfolgreichen Spieler am Tisch gegenüber eine Steigerung hat, erhöht seine Anteile um +1.

Beispiel: Ben, Charly, Jim, Tom und Walt sitzen am Spieltisch und pokern. Der Einsatz beträgt 10$. Charly und Walt beschließen auf Risiko zu gehen. Der Pott besteht nun aus 5 Anteilen zu je 10$. Es wird gewürfelt und kommt zu folgenden Ergebnisse: Ben (4), Charly (kritischer Misserfolg), Jim (3), Tom (6) und Walt (11). Charly muss weitere 10$ in den Pott einzahlen (da er pleite ist in Form eines Schuldscheins) und somit sind sogar 6 Anteile im Pott! Charly und Jim erhalten zudem keinen Anteil aus dem Spiel, da sie keinen Erfolg hatten. Walt hat den höchsten Wert und beginnt. Da er mit seinem Wurf außerdem 4 höher liegt als Tom oder Ben, nimmt er sich drei Anteile aus dem Pott. Als nächstes also Tom, der sich einen Anteil nimmt – den Schuldschein übrigens. Ben nimmt sich den vorletzten Anteil. Nun geht es wieder mit Walt von vorne los. Da nur noch ein Anteil vorhanden ist nimmt er sich ihn und die Auswertung ist beendet. Wäre die Anteile aufgebraucht bevor Ben an der Reihe ist, wäre er trotz Erfolg leer ausgegangen.

Das ist im Grunde eine ziemlich einfache Variante der Auswertung, die allerdings ziemlich berechenbar ist und verhindert, dass sich Spieler fix verschulden und deren Spieler somit angesäuert sind. Ein Glücksspieler der auf Risiko geht muss halt ordentlich Pech haben, um sich vollends zu verzocken. Sich zu verschulden ist somit weniger Pech. Verschulden kann man sich immer noch, um zum Beispiel die Dollars für den Mindesteinsatz aufzubringen. Aber das ist dann eher Absicht und kein Zufall.

The loser’s standing small!

Bei Glücksspielen wie dem einarmigen Banditen, Glücksrad oder Roulette (diese können gerne mit einem Abzug versehen werden, vor allem bei unsauberem Betrieb) kann man tatsächlich einen Glückswurf machen: 1W10 beim Scheitern einer passenden Eigenschaftsprobe, 2W10 bei einem Erfolg und 3W10 bei einer Steigerung. Zeigt nur einer der W10 eine 1 an, hat der Spieler gewonnen. Das Ergebnis des höchsten W10 multipliziert mit dem Einsatz stellt den Gewinn dar. Wird keine Eigenschaftsprobe eingesetzt, bleibt es bei 1W10.

Bei Rennen würfeln die Teilnehmer. Bei Hunderennen würfeln die Hunde auf Stärke, bei Pferderennen der Jockey auf Reiten und bei Autorennen die Fahrer auf Fahren. Je nach Eigenschaftsprobe der Spieler, kann diese einfach als unterstützende Eigenschaftsprobe verwendet werden. Am Ende gibt es den Einsatz mit der entsprechenden Quote ausgezahlt. Wurde keine Quote  festgelegt, beträgt diese automatisch 1W4+1.

Beispiel: Jack hat zuvor mit den Crews gesprochen, wer die größten Chancen hat (Umhörenprobe) und dabei eine Steigerung erzielt. Lois Gamilton hat den höchsten Fahrenwürfel (W8) und gilt deswegen als Favoritin. Jack setzt 100 Dollar auf sie. Lois kommt auf eine gewürfelte 7. Jack addiert seine +2 drauf und das Endergebnis beträgt 9. Höher als alle anderen, somit gewinnt Lois. Der Wurf mit dem W4 ergibt eine 2, da bedeutet durch die +1 eine 3 und somit bekommt Jack 300 Dollar ausgezahlt. Das hat sich gelohnt.

Alle im Artikel aufgeführten Regeln, Optionen und Beispiele sind natürlich nicht bindend und sicherlich nicht das Ei des Kolumbus. Aber vielleicht eine Alternative. Am wichtigsten ist allerdings: Spiel kein Spiel im Rollenspiel, sondern spiel Rollenspiel! In diesem Sinne…

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