Splittermond – Nichts Neues aus der Arwinger Mark
Auf der Splittermond-Seite steht ein weiteres Abenteuer („Nacht über Tannhag“) zum Download bereit. Es handelt sich aber mehr um ein kurzes Szenario, das auf gerade einmal zwei Seiten passt. Es sollte also an einem Abend spielbar sein. Ich selbst habe das Teil allerdings noch nicht gespielt, aber bei weniger als elftausend Anschlägen ist der Aufbau ziemlich überschaubar.
„Nacht über Tannhag“ wurde von Chris Gosse geschrieben und baut auf dem RPC-2013-Splittermond-Schnellstarter auf. Ich tendiere ja zu Teststarter und der Abkürzung RPC2013SpliMoTS. Der ist zum Spielen nötig, um an etwas mehr Weltenbeschreibung zu kommen und die Werte für die Charaktere und Monster zu haben, die in „Nacht über Tannhag“ enthalten sind.
Das Abenteuer spielt erneut in der Arwinger Mark, einer bisher langweiligen Ecke von Lorakis. Die Mark soll ja das Startgebiet für „Splittermond“ darstellen, aber trotzdem wäre eine andere Gegend ganz nett gewesen und der Ortswechsel selbst wäre für bereits gespielte Charaktere aus dem RPC2013TS plausibel, denn Abenteurer reisen ja mittels Portalen. Das wäre in ein zwei Sätzen am Spieltisch abzuhandeln und eine der Stärken der Spielwelt.
Vielleicht wäre ein Abenteuer in Gondalis praktisch gewesen, mit einem Verweis auf die Kurzgeschichte „Die Katarakte von Gondalis“ aus der Feder von Franz Janson. Die Geschichte ist zwar grottig geschrieben (ich habe das Gefühl, die Story wurde in der Zeit zwischen zwei Stullen verfasst), enthält aber Hintergrundmaterial. Wie so ein Road-Movie-Style-Setting im Rollenspiel funktioniert, zeigt übrigens Eberron hervorragend.
So ist es also wieder die Mark, die ziemlich dröge daherkommt, wohl um in seiner Funktion als Startgebiet niemanden zu verschrecken. Hm, was denken die SpliMo-Autoren eigentlich über die Spielerschaft? Dass der Spielleiter den Notarzt rufen muss, wenn die in einem Freebie statt Wiese, Moor und Hütte mal Sand, Sonne und Zelt sehen? Oder herrscht hier die Angst vor, dass ein Zwei-Seiten-Freebie anschließend des Kauf des Weltenbands überflüssig macht? Das SpliMo-Team sollte zu den Publikationen mal einige Design-Notizen veröffentlichen, damit die Spieler die Gedankengänge nachvollziehen können.
Okay, es ist also das Mittelreich Arwinger Mark, in dem das Abenteuer steht spielt. Das Abenteuer ist konventionell gestaltet, es gibt keine persönlichen Bindungen und der Spielleiter darf sich Gedanken machen, wie er denn die Spieler motiviert loszulegen. So einen richtigen Anreiz außer Meta-Wissen („Wir müssen das, es ist das Abenteuer“) gibt es nicht. Hier wäre eine direkte Ansprache der Gruppe vielleicht passend gewesen („Ihr seid auf Bitten eures Freundes XYZ unterwegs“).
Die Aufgabe der Gruppe ist es, einem magischen Wetterleuchten auf den Grund zu gehen. Dazu müssen sie einen Turm finden – mittels einer Überleben-Probe. An dieser Stelle ist mir wieder eingefallen, was mich (unter anderem) an den Fertigkeiten so gestört hat. Es gibt zwar eine ellenlange Liste in der sogar zwischen „Athletik“ und „Akrobatik“ unterschieden wird (unsinnig), aber „Überleben“ beinhaltet „Spuren lesen“. Das ist auch ziemlicher Unsinn, denn um in der Wildnis zu überleben, muss ich keine Spuren lesen können. Ich muss nicht wissen wo Hase und Hirsch langgelaufen sind, sondern nur wie ich die Falle für die beiden baue und wo das Wasserloch ist.
Die Gruppe gelangt dann in ein Tal zu einem Turm. Und hier gibt es wieder die Rattlinge aus dem Schnellstarter. Genau so gefährlich, denn daraus werden die Werte (bis auf Heimlichkeit) übernommen. Also munteres Anstürmen und Schaden, der einen Fleckengnom auf Anhieb aus den Socken haut.
Auch wenn derzeit fleißig und unter Druck am Regelwerk geschrieben wird, hätte es ruhig mal etwas anderes sein können. Ich meine, die Redaktionen sind doch – laut eigener Aussage – schon lange an der Welt und den Regeln dran. Da muss doch bereits fertiges Material abrufbar sein, denn bis zur Spiel 2013 ist es nicht mehr lange hin. Da wird doch ein weiteres Monster irgendwo aufzufinden sein, das typisch für SpliMo ist und zu dem es vielleicht auch eine Illustration gibt. „Nacht über Tannhag“ ist ein PDF, Platzmangel gibt es da keinen. Dafür alles in blau und mit Umrandung, ohne Möglichkeit die Layer auszuschalten.
Jedenfalls werden wenigstens einige weitere Regeln aufgeführt. Die Suche nach der Lichtquelle im Turm liest sich ganz wichtig, geht aber erneut auf „Überleben“. Warum? Weil leider „Spuren lesen“ damit abgedeckt wird? „Wahrnehmung“ wäre wohl passender. Für das Ergebnis liegt dann eine kleine Tabelle vor und es ist möglich die Rattlinge im Vorfeld zu entdecken, ja, sogar einen Vorteil herauszuholen. Ein netter Einfall. Gefällt mir sehr gut. Am Regelblock ist übrigens zu erkennen, das es kein oder nur ein schluderiges Lektorat gab.
Schon kommt der nächste Regelblock, in dem es darum geht die Rattlinge zu überraschen. Ha, nehmt das ihr fiesen Viecher! Hm, leider sind die Regeln nicht gerade gut durchdacht. Mal davon abgesehen, dass sich hier ein ganze Rattenschwanz an Würfen offenbart (was im Regelblock beim Klettern weitergeht).
Bei einem Erfolg werden Ticks abgezogen, Erfolgsgrade senken die Ticks nochmals. Okay …! Das Problem ist allerdings, dass alle Figuren Anfangs in diesem Flaschenhals von 0-10 agieren. Jetzt kommen die Spieler mit etwas Glück (die Rattlinge könnten ja niedrig würfeln und auf der 0 landen) unter den Wert der Rattlinge. Schiebe ich den Charakterticker dann ins Negative oder hänge ich bei 0 fest? Worauf die bisherigen Regeln eher hindeuten. Vielleicht habe ich auch etwas überlesen.
Mir spielt hier der Zufall auch eine viel zu große Rolle, um die ganze Würfelei im Vorfeld zu rechtfertigen. Am Ende einer Kette von Würfelei und Rechnerei wird der Spieler abgestraft, weil der Spielleiter eventuell für einige Rattlinge 2 oder 1 würfelt (Rattlinge ziehen 2 bei der Initiative ab). Rattlinge kämen maximal auf einen 8er Charaktertick. Würfelt der Spieler schlecht für seinen Ticker, dann kommt er trotz Hinterhalt vielleicht nur auf eine 6. Da erscheinen mir die alternativen Kampfregeln von Dominic Wäsch (veröffentlich auf Metstübchen.de) sinnvoller, obwohl sie das System noch etwas weiter aufbauschen.
Jetzt kommen wir zu „Den Felsen erklimmen“. Erst einmal ein Beispiel dafür, wie gestelzt SpliMo oft daherkommt. Aber ich bin schon froh wenn die Autoren nicht Wert auf Marktsprech legen, was viele ja für „echte Mittelaltersprache“ halten. Aber in Ordnung, es muss ja nicht jeder so unkonventionell sein wie Horus W. Odenthal in seiner Ninragon-Trilogie. Schlussendlich ist es auch Geschmackssache ob jemand gestelzte Texte mag.
Ärgerlicher sind viel mehr die Regeln, die erneut die Spieler und ihre Erfolge kleinhalten. Es ist zwar schön, dass Figuren zusammenarbeiten können, aber jede hilfreiche Hand muss eine Probe ablegen. Dadurch werden noch mehr Würfel gekullert und wird noch mehr gerechnet. Zudem bedeuten Würfelwürfe auch immer einen erhöhten Glücksfaktor. Dann dürfen maximal nur zwei Leute helfen. Doof, wenn eine Seilschaft gebildet werden soll. Und dann werden die Helfer bei einem einfachen Erfolg abgestraft, denn nur die Steigerungen zählen. Also ziemlich viel Aufwand, der nur bei einem guten Erfolg belohnt wird
„Yeah, ich habe es geschafft!“
„Nö, du warst gut, aber nicht gut genug.“
Kleinhalten, niedrighalten – ein Regelsystem soll doch der Wind unter den Flügel sein und die Spieler tragen, nicht die Bleigewichte, die einen Charakter stets runterziehen. Dazu halt diese abstruse Fertigkeitenliste die offenbar nur deswegen in dieser Form existiert, weil es keine Proben auf Attribute gibt. Attribute werden nur zur Berechnung herangezogen. Somit sind einige Fertigkeiten aber im Grunde trotzdem Attribute. Da kann man Attribute auch einfach weglassen und rein den Weg über Fertigkeiten gehen.
Zurück zum Abenteuer!
Und nun wird es kurios. Scheinbar fehlt ein Absatz im Abenteuer. Ansonsten gibt es eindeutig ein Lektoratsproblem.
Da steht nämlich eine Nekromantin und ist gerade dabei, ein Monster aus der Anderswelt zu befreien. Die Kreatur hat übrigens keine weitere Bezeichnung und es gibt außer den Spielwerten keine zusätzlichen Informationen für den Spielleiter. Es gibt auch keine Angaben dazu, wie die Situation gelöst werden kann oder sollte.
Die Aufgabe der Charakter ist es ja, bei dem Licht nachzusehen, was da los ist. Als Ergebnis der Nachforschung sehen sie, wie die Nekromantin gerade das Monster befreit. Nächster Absatz nach den reinen Spielwerten ist dann der Epilog. Erst dort steht aufgeführt was im Lager zu finden ist, dass die Charaktere bereits vor dem Erklimmen des Felsens entdecken – außer sie sind blind. Offenbar geht Chris Gosse davon aus, dass die Spielercharaktere einen Raubmord begehen. Oder zumindest einen Raub. Es wird nämlich angegeben, was die NSC bereit sind für die Habe der Nekromantin zu zahlen. Also entweder fehlt hier der Absatz, um eine andere Lösung außer dem Kampf zu finden oder SpliMo verfolgt einen strikten Schwarz-Weiß-Ansatz ohne Grautöne. Wohl Letzteres, denn warum sonst sollten die Geldwerte für die Diebesbeute angegeben sein?
Soweit jedenfalls meine Kritik zum Abenteuer „Nacht über Tannhag“. Es soll derzeit ja mindestens zwei weitere Abenteuer geben, die auf Cons gespielt werden und Abseits der Mark spielen. Die zum Spielen anzubieten wäre eine nette Sache, um das Spielgefühl für andere Gebiete anzutesten. Außerdem wurden auf der NordCon bereits geänderte Regeln eingesetzt, über die es mehr im Splittermond-Forum zu lesen gibt. Was dort aufgeführt wurde, klingt schon besser:
Zitat des Splittermond-Forum
– Eine aktive Parade muss erst nach einem (erfolgreichen) Angriff angesagt werden.
– Ein Splitterpunkt darf nach einem misslungenen Wurf ausgegeben werden, um das Ergebnis um 3 zu erhöhen. Dies ist nur bei misslungenen Proben erlaubt.
– Ein Splitterpunkt darf ausgegeben werden, um einen erlittenen Schaden um 3 zu reduzieren.
– Ein passiver Widerstandswert (also auch Verteidigung) darf mit einem Splitterpunkt um drei erhöht werden.
– Ein Splitterpunkt darf nur einmal pro Probe/Effekt angewendet werden*.
– Ein Patzer/Triumph wird nicht mehr mit -10/+10 auf das Ergebnis berechnet, sondern hat unabhängig von Schwierigkeit und Können des Abenteurers immer ein Ergebnis von vier negativen/positiven Erfolgsgraden.
– Misslungene Zauber kosten Fokuspunkte in Höhe der negativen Erfolgsgrade.
– Es gab nicht (mehr) die Aktion „Schritt“ für 1 Tick. Solch kleinräumige Bewegungen waren kostenlos in anderen Aktionen enthalten.
Es gibt also bereits weitere Regeländerungen, die sich derzeit in der Testphase befinden. Ich persönlich würde das System trotzdem noch immer radikal umwerfen (vor allem das Tick-System), aber immerhin bewegt sich etwas. Mal sehen in was für eine Richtung. Ich finde es jedenfalls gut, dass sich das Rad dreht.
Quellen:
Promo Abenteuer „Nacht über Tannhag“
Kurzgeschichte „Die Katarakte von Gondalis“
Altenative Kampfregeln von Dominic Wäsch
Marktsprech auf dem Mittelalter Blog
Leseprobe zur Ninragon-Trilogie
NordCon
SpliMo-Regeländerungen
SpliMo-Regeländerungen
Danke für das Review.
Steht in dem Abenteuer uch was passiert, wenn niemand die Überleben-Probe schafft?
Wobei ich sagen muss: Ich könnte auch gerne so designen – auch wenn es sehr nach DSA aussieht, finde ich das Design klasse. Gut: Das Rand-Design. Aber auch das ist gut Aufwand.
Link http://tagschatten.blogspot.de/2013/06/mu-ich-ja-dann-doch-nicht.html
„Die Mark soll ja das Startgebiet für “Splittermond” darstellen, aber trotzdem wäre eine andere Gegend ganz nett gewesen und der Ortswechsel selbst wäre für bereits gespielte Charaktere aus dem RPC2013TS plausibel, denn Abenteurer reisen ja mittels Portalen. Das wäre in ein zwei Sätzen am Spieltisch abzuhandeln und eine der Stärken der Spielwelt.“
Da hast du leider, wie so viele von „uns“ auch, die Pläne zu den Portalen hoffnungslos Missverstanden…
Es gibt genau 5 Mondpfade und entsprechend 10 Portale (+1 Zugemauertes). Und wer meint, man könne einfach mal so über die Mondpfade reisen… Der bekommt auch gleich ins zwischen die Beine.
Und das gilt bereits für die bekannten „sicheren“ Pfade. Da will man über andere Optionen garnicht erst nachdenken.
Sprich: Die Portale, die vermeintliche stärke von SpliMo, ist nichts weiter als ein gewaltiger Rohkreppierer.
+Drak
Nein, das steht da leider nicht. Ich fände das aber für kritische Fehlschläge richtig schick, wenn es ab und an so ein paar Beispiele gibt, was für kleine und große Katastrophen im Kontext zum Abenteuer passieren können,
+ChaoGirDja
Danke für die Info. Ich habe ziemlich früh etwas über die Portale gelesen und wusste nicht, dass dieses Element so gedeckelt eingesetzt wird. Zumal ich als D&D-Spieler, Sliders- und Stargate-Fan ja ziemlich portalaffin bin. Ich finde (fand) die Idee ziemlich stark. Und irgendwie hatte ich den Abschnitt „Bekannte Verbindungen“ gar nicht auf dem Schirm. Wahrscheinlich hatte ich bisher nur einen zitierten Text gelesen, anstatt den Artikel auf der Seite:
http://splittermond.de/kontinent-der-kurzen-wege-portale-und-mondpfade-auf-lorakis/
Was wiederum dazu führt, dass SpliMo an Plausiblität verliert, wenn es plötzlich diese gefährlichen Nadelöhre gibt, die zudem wichtige Handelsrouten darstellen sollen. Zumal der Text „Bekannte Verbindungen“ das coole Bild zerstört, das der restliche Text aufbaut. Schade, da fällt noch ein Coolness-Baustein weg.
:-/
Mit 1.5-facher Geschwindigkeit dauert’s ja nur 40 Minuten… Insgesamt sehr fundierte Kritik, ich kann fast alle unterschreiben. Dagegen ist meine Liste ein Waisenknabe. Interessant ist, dass Tsu von zu viel Schaden spricht, ich von zu wenig. Und ich gebe ihm Recht: Die Speere machen viel Schaden. Sehr viel. Insbesondere mit Vorstürmen. Meine Aussage gilt trotzdem noch: Das ist ziemlich langsam, wenn man nicht mit Speeren und Vorstürmen kämpft, sondern mit Schwertern und Dolchen. Vielleicht kommt mein Eindruck auch durch das langsame System insgesamt.