Deadlands: Reloaded 07 – 3 Minutes to Midnight
Das Aufgebot kehrte nach Steins zurück und ein jeder ging seinen Geschäften nach. Die Stadt wirkte duster und ihre Einwohner schienen mit Hoffnungslosigkeit geschlagen oder waren leicht zu reizen. Da kam es allen nur recht, dass das „La Baguette“ Abends seine Pforten öffnen und zum Spiel kostenlosen Brandy reichen würde. Das lockerte die Stimmung etwas auf. Doch bis zur Eröffnung waren es noch ein paar Stunden hin. Stunden, in denen das Aufgebot die Augen offenhielt.
Erst einmal war da die Düsternis über Steins, auf die nur wenige Menschen achteten. Ein Blick zum Himmel ließ schwere Wolken erkennen, die sich über bestimmte Gebäuden verdichteten und – mit dem Black-Soul-Saloon im Mittelpunkt – zu einem Wirbel ballten. Neugierig verwandelte sich Keezheekoni in einen Vogel und erhob sich in die Lüfte, um das merkwürdige Gebilde aus der Nähe zu beschauen. Erschrocken erkannte die Mescaleroschamanin, dass diese Wolken aus unzähligen Heuschrecken bestand. Etwas Böses ging hier vor!
Die Indianerin flatterte wieder hinab und berichtete Doc Quinn von ihren Beobachtungen. Wie üblich hielt er die Erzählungen der weißhaarigen Schamanin für übertrieben. Der Doc wollte sich lieber mit Reverend Bishop treffen und die neue Kirche begutachten, für deren Bau er eine ordentliche Stange harte Dollars gezahlt hatte.
Tatsächlich war die kleine Kirche fertiggestellt und der Reverend war damit beschäftigt die Glocke einzuhängen. Leider war die Halterung fehlerhaft, doch gemeinsam schafften es die beiden Männer den dicken Klöppel in die enge Öse zu schieben. Schon konnte Reverend Moses Bishop zum Gebet läuten und viele der Einwohner von Steins folgten dem Ruf. Nach der Messe blickte Doc Quinn zum Himmel hinauf. Hatte Keezheekoni vielleicht doch recht? Nein, denn von den Wolken war nichts mehr zu sehen. Sie hatten sich aufgelöst.
Die Schamanin war dem Gebet ferngeblieben. Zwar war sie neugierig wie die Weißen ihren Glauben auslebte, doch als heidnische Indianerin war sie in der Kirche unerwünscht. Reverend Bishop hatte ihr aber angeboten, sie jederzeit zu taufen und zum Christentum zu geleiten – falls Keezheekoni dies aus ganzem Herzen wollte.
Die dunklen Wolken hatten sich zwar über Fields Saloon konzentriert, sich aber auch über andere Gebäude ausgedehnt. Da wäre die Mine von Haste, das „La Baguette“ und das Hotel von Mister Firestarter. Keezheekoni gab ihrer Neugierde nach und stattete in Vogelgestalt dem Balkon von Senator Stiller einen Besuch ab. Vorsichtig legte sie ihr Ohr an die Türe, um zu lauschen. Die Schamanin erschauerte, denn die Geräusche aus dem Zimmer klangen eklig und beängstigend, schmatzend, schabend und reißend. Zu allem Übel gab es von Crosshand keine Spur.
Die Indianerin zog sich wieder zurück und sah, wie die Weißen nach dem Kirchengang in die Stadt zurück kamen und schnurstracks in den neuen Saloon marschierten, der nun geöffnet hatte. Der Besitzer des „La Baguette“ – Pennington Scrooch – begrüßte jeden Gast mit Handschlag, verwies auf die Spieltische und die leichten Mädchen, aus denen man wählen konnte. Scroochs Laden brachte neues Leben nach Steins.
Erneut gab Keezheekoni ihrer Neugierde nach. Diesmal schlich sie zur Rückseite vom „La Baguette“ und warf einen vorsichtigen Blick durch eines der Fenster. Da hockten Angestellte Scroochs in einem kleinen Zimmer, markierten Spielkarten, schraubten an einem Rouletterad herum und wogen Würfel ab. Die Indianerin hatte genug gesehen und schlich wieder zurück, um das „La Baguette“ durch den Vordereingang zu betreten. Sie suchte nach John Smith, der an einer großen Pokerpartie teilnehmen wollte. Heimlich erzählt ihm die Schamanin von den gezinkten Karten und der Berufsspieler nahm sie unauffällig unter die Lupe. Tatsächlich, hier wurde falsch gespielt. Smith sah nun keinen Grund sich zu beschweren und nutzte die Zinken einfach aus, um den Spieß umzudrehen. Das gab einen guten Gewinn – sehr zu Scroochs Missfallen.
Smith verabschiedete sich nun und wählte vorsichtshalber einen Weg zur Hintertüre des Hotels. Ihm war klar, dass Scrocch den Verlust nicht so einfach hinnehmen würde. Und tatsächlich: Der nach Außen hin elegant wirkende Saloonbesitzer hatte zwei seiner Jungs auf Smith angesetzt. Der machte es sich in seinem dunklen Hotelzimmer erst einmal gemütlich und wartete. Er würde den Gaunern schon zeigen, dass er sich nicht einschüchtern oder gar ausrauben ließ.
Keezheekoni erzählte auch dem Doc von ihren Beobachungen, der gerade am Roulettetisch ordentlich abräumte. Quinn dachte über die Situation nach, dann beschloss er Smith aufzusuchen und einen Plan zu schmieden. Vorher wollte er noch Violet von der Arbeit abholen. Doc Quinn war klar, dass er jede helfende Hand brauchen konnte. Sein Sheriffstern schien zwar ein guter Glücksbringer, aber der Doc wollte mehr als Fortunas guten Willen in der Hinterhand haben.
Im Seven-Up-Saloon hatte Violet gerade ihre Schicht beendet. Die neue Konkurrenz aus dem „La Baguette“ hatte für einen flauen Abend gesorgt und so konnte die Hure früher in den Feierabend gehen. Als der Doc sie um Hilfe bat, war die schöne Irin sofort dabei. Das galt auch für den stolzen Texaner Miles Riggs, der im „Seven Up“ seinen Kummer hinunterspülen wollte. Er hatte sich im „La Baguette“ unbedacht auf ein Spielchen eingelassen und dabei seine schwarze Stute, Black Bitch, verloren. Ganz zu schweigen von den vielen Dollars.
Gemeinsam ging man nun zum Firestarter-Hotel, um John hinzuzuholen. Es war zu sehr später Stunde, als das Aufgebot zum Zimmer des Spielers hochstieg. Ihm gegenüber hatte Senator Stiller sein Quartier aufgeschlagen. Von dort waren merkwürdige Geräusche zu hören. Auf Nachfrage antwortete der Senator harmlos, ließ die Türe jedoch geschlossen. Es blieb auch keine Zeit mehr, sich um Stiller zu kümmern, denn zwei Gauner versuchten ins Zimmer von John einzusteigen und der wusste sich zu wehren. Mit einigen gezielten Schüssen vertrieb er die Gauner wieder und jagte ihnen noch eine Kugel über die Köpfe hinterher, um sie dauerhaft von seinem gemieteten Heim fortzuhalten.
Das Aufgebot besprach sich nun, was zu machen sei. Zuerst wollten sie Westwoods Freights einen Besuch abstatten, um zu erfahren, was die Mine von Haste in letzter Zeit an Lieferungen bekam. Immerhin hatte man beobachtet, das schwere Kisten dorthin, aber keine Kisten hergeschafft wurden. Vielleicht waren Hastes Machenschaften eine größere Bedrohung für die Gegend, als ein paar Falschspieler aus dem „La Baguette“. Die konnte man sich noch etwas später vornehmen. Gesagt, getan.
Mister Westwood war erstaunt zu später Stunde noch Besuch vom Sheriff und seinen Leuten zu erhalten und leicht verärgert. Dennoch ließ er das Aufgebot ein und stand ihnen Rede und Antwort. Jedoch schwieg er, was den Inhalt der Kisten anging. Da kam Keezheekoni auf die Idee unter einem Vorwand die Runde verlassen zu dürfen. Heimlich schlich sie sich ins Lager und öffnete eine der Kisten. Sie fand Waffen darin. Doch keine kleinen Guns, nein, sondern schweres Gerät. Haste war wohl dabei seine Mine in eine Festung zu verwandeln. Aber verbieten, nun, verbieten konnte ihm das niemand. Also ging es erst einmal gegen Scrooch und seine Bande.
Keezheekoni führt das Aufgebot nun zur Rückseite des neuen Saloons und zeigte, wo sich das Zimmer mit den gezinkten Materialien befand. Der Doc und John öffneten heimlich das Fenster und stiegen ein. Sie nutzten das Lampenlicht von Außen, um heimlich nach einigen Beweisen zu tasten und diese einzustecken. Da reckte Doc Quinn sein Kinn zur Decke und erstarrte. Über ihm haftete kopfüber eine metallene Tarantel, die sich zu regen begann. Auch John sah die fremdartige Konstruktion und sprang mit einem Satz durchs Fenster hinaus, um sich in Sicherheit zu begeben. Auch dort krochen diese widernatürlichen Spinnenmaschinen aus ihren Verstecken und näherten sich dem Aufgebot. Es kam zum Kampf!
John und Doc Quinn waren nun von den anderen getrennt. Sie hatten eine der Spinnen im Nacken und zwei vor sich, während Miles vom Dach des Saloons her ebenfalls angegangen wurde. Der Doc kam leider nicht so gut aus dem Zimmer heraus und bekam einen kräftigen Biss ab. Angeschlagen und verwundet fiel er regelrecht John in die Arme, der eines der Viecher mit einem gezielten Schuss in die leuchtenden Augen erledigte. Und dann explodierte das verdammte Ding auch noch.
John und der Doc zogen sich nun Richtung Bahnhof zurück, Violet, Miles und Keezheekoni machten sich zur Mainstreet los. Zu allem Übel begannen die Spinnenmaschinen Säure zu spucken und Doc Quinn ging es immer schlechter. John hatte keine Ahnung wie lange er noch standhalten und ihm Beistand geben konnte. Doch just in diesem Augenblick fuhr ein Wagen vor, der dem Quacksalber Doc Slime gehörte. Der Zufall hatte ihn des Nachts durch die Wüste nach Steins geführt.
John nutzte die Gelegenheit um aufzuspringen und zog Doc Quinn mit sich, während Doc Slime die Gäule anspornte und auf die Mainstreet preschte. Da setzten auch schon Miles und Keezheekoni herüber und zogen sich ebenfalls am Wagen des Quacksalbers hoch. Von hier aus konnten die mechanischen Spinnen leicht mit Kugeln und Pfeilen eingedeckt werden. Violet hatte jedoch Pech, denn sie war zu weit vom Wagen entfernt und zu nahe an den Maschinenwesen. Als das letzte Ding fauchend explodierte, wurde die Hure gänzlich von Säure überzogen und ging schreiend zu Boden. Nun war guter Rat teuer im wasserarmen Steins, denn die ätzende Substanz musste so schnell wie möglich weggespült werden. Zum Glück hatten die Männer eine Idee …
Verletzt und angeschlagen humpelte das Aufgebot zum „La Baguette“ zurück. Scrooch war auf die Staße geeilt, um nach dem Rechten zu sehen. Doc Quinn stapfte auf ihn zu und nahm Pennington Scrooch fest. Die Anklage lautete: Falschspiel!
Am nächsten Tag fand im „Black Soul“ die Verhandlung statt. Bisher gab es kein Gesetz in der Stadt und auch keinen Richter, wurden die Gefangenen nach Santa Fe überstellt und dort ihrer gerechten Strafe zugeführt – falls es überhaupt Gefangene gab. Doch Quinn und seine Leute wollten damit aufräumen und den gesetzlosen Sumpf trockenlegen. So machte sich der Doc dafür stark, dass ein Friedensrichter für Steins bestellt werden sollte. Fields war wenig begeistert und musste hilflos mit ansehen, wie John Smith in Amt und Würden gesetzt wurde. Er konnte nichts dagegen unternehmen, denn das Aufgebot hatte sich in der Stadt bereits einen guten Namen gemacht. Jetzt offen gegen die Leute vorzugehen, würde ihn vor große Probleme stellen.Vor allem da Quinn und Smith die Wahrheit kannten und nun gegen Fields einsetzten. Steins war eine freie Stadt und keinem Bezirk oder Staat zugehörig. Fields nutzte Santa Fe nur als Vorwand, um den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen und sie nach seinem Willen leiten zu können. Das wusste auch Stiller und es erklärte nun, warum er darauf erpicht war Steins in die Finger zu bekommen.
Für Smith war nun klar, dass er hier die Möglichkeit hatte etwas Neues zu schaffen. Ihm war bewusst, dass sein Richtspruch gleichbedeutend mit einem neuen Gesetz war. Für den Berufsspieler eine Zwickmühle, vor allem da Scrooch Miles Riggs als leicht beeinflussbaren Verteidiger berufen hatte. Und der wusste ja, dass Quinn, Smith, Keezheekoni und Violet die Beweise mittels Einbruch beschafft hatten. Und er war ebenfalls daran beteiligt. So ergab sich eine sehr lautstarke Verhandlung und ein Schuldspruch, den Scrooch akzeptierte. Er war froh mit dem Leben davonzukommen.
Fortan war es Gesetz, dass Falschspieler den Schaden auszugleichen hatten, Dollars an die Stadtkasse zahlen mussten und dann für immer aus der Stadt gejagt wurden. Das brachte Geld in die Kasse und sparte die Kosten einer Unterbringung in einem Gefängnis. Vor allem ging Smith dadurch sicher, dass er später ebenfalls mit dem Leben davonkam. Man weiß ja nie …