Resorbium 05 – Aufstieg der Toten

Wie bereits im Bericht zur letzten Spielsitzung durch Schüsse und Schreie angedeutet, waren nun die Zombies auf dem Vormarsch und überrannten einfach die Straßensperre. Richard übernahm kurzfristig das Kommando und befahl seinen Kameraden, sich zum Imtech-Stadion zurückzuziehen. Der Schützenpanzer Marder sollte den Rückzug decken. Hektik brach aus, jedoch geordnete Hektik.

Die Leute saßen alle auf, dann gaben die Transporter Gas und fuhren ab. Die meisten der Überlebenden hatten sich in einen Lastwagen gesetzt – bis auf Johanns Karatekids. Der Kampfsportlehrer hatte darauf geachtet, dass sich seine Schützlinge in einem anderen Transporter befanden. Das war vom Spieler natürlich sehr clever gedacht. Somit wurde er die ganzen „unliebsamen“ Extra-Kinder los. Eine Sorge weniger an Bord.

Noch immer misstrauten die Überlebenden jedoch dem Staat. Durch die Panikmache Erwins („Damals, zu Adolfs Zeiten …“) und Marcels Vorbildung („Damals, in dem einen Zombiefilme …“) waren fast alle der Meinung, dass es eine schlechte Idee sei zum Imtech-Stadion zu fahren. Also ließ sich Richard zurückfallen, bog von der Straße ab und kurvte auf der Suche nach einem Versteck durch den Park. Schlussendlich fanden sie einen alten Wasserturm, der ein perfekter Unterschlupf schien. Obwohl Spätsommer, wurde es langsam dunkel und alle waren müde.

Schnell brachen die Überlebenden das Vorhängeschloss am Turm auf und erkundeten ihr vorläufiges Domizil. Es roch muffig, es war dreckig und es war rostig. Obwohl vollkommen unbequem, war es doch erst einmal eine sichere Anlaufstelle. Zügig wurde die Türe verbarrikadiert, dann der Turm erkundet. Es gab eine steile Treppe nach oben und schon bald befanden sich die Überlebenden auf dem Dach, während es sich ihre Schützlinge bequem machten.

Das Imtech-Stadion war von hier oben gut zu sehen und die Lichtanlage strahlte hell. Das lockte natürlich die Zombies an, wie Marcel und die anderen bemerkten. Und just in diesem Augenblick ging das Licht aus und Stille kehrte vom Stadion her ein. Kurz darauf waren Helikopter zu hören, die im Tiefflug über das Stadion flogen und anschließend langsam in Richtung Hamburger Innenstadt zogen.

Tja, meine Spielleitercharaktere sind natürlich ebenfalls clever. Jedenfalls einige. Ich hasse es halt meine Figuren dumm wie Brot zu spielen. Es gibt ja viele Rollenspiele, da ist hoher Wert auf Intelligenz oder Verstand einfach nur ein Indikator, um eine hohe Anzahl an Zauber zu bekommen oder um sich mit einem NSC im Schach zu messen. Ich sage dazu nur: Laaangweilig! Klar, die Figuren des Spielleiters sollen den Spieler und ihren Rollen keinesfalls die Schau stehlen, aber sie sollten wenigsten nachvollziehbar handeln. Diese Nachvollziehbarkeit ist allerdings in keinem Fall gleichbedeutend mit Transparenz. Da gibt es Unterschiede. Eventuell erkennen die Spieler niemals, warum eine Figur handelte wie sie eben handelte. Aber als Spielleiter sollte es immer nachvollziehbar sein, denn dadurch wirkt das ganze Spielgefüge im Ganzen nämlich schlüssig und bietet Punkte, an denen sich der Spielleiter auch wieder entlang hangeln kann. Es kann natürlich sein, dass ein Setting gespielt wird, in dem Nachvollziehbarkeit unerwünscht ist und das Chaos herrscht. Dann seht die Sache ganz anders aus.

Auf jeden Fall können die meisten meiner Figuren ebenfalls denken. Zwar langsamer als die Figuren der Spieler, aber irgendwann fällt doch der Groschen. Deswegen knipste die Bundeswehr das Licht aus und lockte einen Großteil der Zombies mit den lauten Helikoptern wieder weg. Doch für die Überlebenden war das erst einmal unbedeutend, die hatten ganz andere Probleme.

Die Gruppe machte sich für die Nacht bereit und schmiedete Pläne. Schlussendlich einigten sich alle darauf, zum Wilhelm-Gymnasium zurückzufahren, um Marcels Vater und so viele Schüler wie möglich zu retten. Das klang nach einem guten Plan.

Und nach einem überraschenden Plan, so kurz vor dem Stadion umzukehren. Ich hatte schon den nächsten großen Handlungspunkt ausgedruckt, der eigentlich im Stadion startet und einige Enthüllungen enthält. Okay, das wird dann also erst einmal auf die lange Bank geschoben oder an anderer Stelle gestartet. Wichtiger war es nun gut zuzuhören, was die Spieler – und somit ihre Charaktere – planten. Schließlich wollte ich gut vorbereitet sein, um auch den Vorstellungen entsprechend etwas zu präsentieren. Ich bin kein Anhänger des Spieler-vs-Spielleiter-Styles. Immerhin treffe ich mich mit Freunden und wir alle wollen Spaß haben. Da ist es wichtig die Balance zwischen Herausforderung und Wunschfee zu finden. Es ist eh eine gute Idee den Spielern zuzuhören und ihnen zu geben was sie wollen, denn meistens denken sich die Leute ja dabei etwas. Niemand wird fragen ob ein Jetbike in der Nähe steht, ohne sich dabei was Tolles vorgestellt zu haben. Zielgerichtete Fragen basieren meistens auf Ideen der Spieler – und können sehr spaßfördernd sein.

Jedenfalls verging erst einmal die Nacht und am nächsten Morgen sollte der Plan in die Tat umgesetzt werden. Schließlich verging stetig die Zeit. Der Morgen begann allerdings erst einmal mit den gewöhnlichen Dingen des Lebens. Normalerweise braucht darüber niemand ein Wort zu verlieren, doch gerade wenn der normale Alltag in Schutt und Asche gelegt wird, kann es spannend sein auch den allmorgendlichen Toilettengang auszuspielen. Schließlich hatte der Wasserturm keine Toilette. Und hinausgehen konnte gefährlich werden.

Johann sah sich deswegen vom Turm aus um, während Frau Hansen in einer Ecke des Turms eine provisorische Toilette errichtete. Der Karatelehrer bemerkte zwei einsame Zombies, die sich beim Transporter herumtrieben. Also kletterte er an einer Seite des Turms hinunter und schlich sich mit gezogenem Katana an die Zombies an. Derweil war auch Marcel auf dem Turm angekommen und hatte die Zombies ebenfalls bemerkt. Der junge Mann nahm seinen Bogen zur Hand und erschoss die Zombies von oben.

Das nächste Problem war nun das Frühstück. Die Leute hatten Hunger und es gab keine Lebensmittel im Wasserturm. Allerdings befand sich in einiger Entfernung eine kleine Pizzeria. Marcel, Richard und Johann bildeten nun ein Erkundungsteam, während die anderen den Turm sicherten. Scheinbar waren keine weiteren Zombies mehr in der Nähe, allerdings stand auf dem Parkplatz ein Geländewagen der Bundeswehr und zwei Soldaten standen lässig darangelehnt. Die Überlebenden kamen aus ihrer Deckung und suchten das Gespräch.

Die Soldaten waren freundlich und hilfsbereit. Sie waren unterwegs um das Gebiet zu sichern und Leute ins Stadion zu begleiten. Ihr Vorgesetzter war gerade in der Pizzeria, um sich eine Pizza zu backen. Da schlossen sich die Überlebenden gerne an und erfuhren weitere Details. Scheinbar hatte noch niemand eine Ahnung, was überhaupt passiert war. Die Soldaten hatten die Anweisung zu versuchen die Zombies festzunehmen und nur in Notwehr Gewalt einzusetzen. Für die Soldaten waren die Zombies infizierte Menschen und Gewalt nur die letzte Möglichkeit. Bisher hatte aber jeder Infizierte mit einem Axtschlag getötet werden müssen.

Die Soldaten waren jedenfalls sehr hilfsbereit. Sie luden Tischdecken, Essen und Getränke aus der Pizzeria in ihren wagen und brachten die Sachen zum Wasserturm. Als sie vom Plan der Überlebenden erfuhren Marcels Vater und die Schüler zu retten, empfahlen sie erst später in Stadion zu fahren. Denn wer einmal dort war, der musste dort aus Sicherheitsgründen auch bleiben. Die Soldaten boten an die Schützlinge der Überlebenden ins Stadion zu fahren. Um Mitternacht hätte der Spuk eh ein Ende, denn dann würden Flugzeuge mit einem aufbereiteten Impfstoff über Hamburg fliegen und diesen ablassen – ähnlich einer Löschaktion. Die Überlebenden sahen dass, in Anbetracht vieler Zombiefilme und -spiele, anders. Und um so dringender empfanden sie die Rettungsmission.

Die Soldaten nahmen also den Mannschaftstransporter und fuhren mit den Schützlingen los. Marcel schärfte seiner Mutter ein, sich bedeckt zu halten. Dann wurden die letzten Sache gepackt, der Plan nochmals besprochen und die Route zur Schule festgelegt. Leider hatten die Überlebenden übersehen, dass die Soldaten mit dem Transporter losgefahren waren. Also musste andere Beförderungsmittel her. Kurzerhand schnappten sich alle ein paar Fahrräder und ein Tandem beim City-Bike-Port.

Fahrräder haben natürlich den Vorteil leise zu sein und in der Stadt ein schnelleres Fortkommen zu ermöglichen. Der Nachteil ist jedoch, dass Fahrräder auch weniger Schutz bieten. Was die Leute lieber mögen, muss jeder selber wissen. Jedenfalls ging es auf den Drahteseln bis zur bekannten Straßensperre hin.

An der Straßensperre standen noch die Fahrzeuge der Überlebenden. Allerdings waren noch einige Zombies in der Straße und wankten herum. Sie mussten erst einmal aus dem Weg geräumt werden. Marcel und Tina schlichen also vor und verschanzten sich hinter einem Müllcontainer. Marcel feuerte mit dem Bogen als einer der Zombies hungrig in seine Richtung kam, während Tina Pistole und Gummiknüppel bereit hielt, um Marcel den Rücken zu decken. Bevor sich die beiden versahen, war die ganze Meute aufgeschreckt und stürmte auf die Überlebenden los. Erwin, Johann und Richard traten nun in die Pedale, um ihre Freunde zu unterstützen. Sie kamen gerade noch rechtzeitig, um in den Kampf einzugreifen.

Tja, ein Zombie alleine stellt noch keine Gefahr dar, doch nun kam eine ganze Meute angelaufen. Und die wird dann gefährlich, alleine wegen dem Überzahlbonus. Von den Zombies am Wasserturm her wussten die Spieler auch, dass die Regel Doubletap aus dem Film „Zombieland“ eine gute Idee war. Denn Außer Gefecht bedeutet bei Savage Worlds keinesfalls den automatischen Tod.

Die Überlebenden kamen nun in arge Bedrängnis. Vor allem Johann geriet ins Visier der Zombies, die ihm arg zusetzten. Doch gekonnt hielt er sich die ausgehungerten Infizierten vom Leibe, während ihm die anderen zur Hilfe kamen. Da die Masse einfach zu viel war, machte Erwin nun von seiner Pistole Gebrauch – was in kürze weitere Zombies anlocken würde. Nun musste alles schnell gehen. Doch die Situation wurde noch gefährlicher. Einer der Zombies erwies sich als verdammt zähes Miststück. Mehrere Kugeln und Schläge mit dem Gummiknüppel schickten ihn zwar zu Boden, aber selbst hier versuchte der Zombie noch seine Zähne in frisches Fleisch zu schlagen. Erst ein Schwertschlag machte ihm ein Ende.

Nun, bei so einer großen Meute, so kurz vor dem Ziel und einem Hort an Waffen, da war einer der Zombies tatsächlich eine Wildcard. Dramatik! Einer der Spieler monierte zwar, dass niemand die Wildcard sofort als Wildcard erkannt hätte, aber warum sollte der Zombie auch ein Schild mit „Wildcard“ um den Hals hängen haben? Eben! Das Setting ist verdammt gefährlich und die Überlebenden lernen gerade erst, wie sie sich ihrer Haut erwehren können. Jeder Schritt kann der letzte sein, jeder einfache Zombie kann sich als gefährliches Monster entpuppen, an jeder Ecke kann eine Meute lauern und vieles mehr. Klar, ich will, dass meine Spieler eine spannende Geschichte erleben. Aber ich will auch, dass ihre Figuren stets der Gefahr ausgesetzt sind, zu sterben.

Jedenfalls waren die Zombies ausgeschaltet und die Überlebenden konnte zu den Fahrzeugen eilen, um diese wieder in Besitz zu nehmen. Sie hatten sozusagen ihre fliegende Festung wieder zurück und einen Plan in der Tasche, wie die Schüler zu retten sind. Ich denke, dass kann überraschend werden …

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