Ratten!
David Grashoff, Daniel Mayer, Fabian Mauruschat
Ratten!
Grundregelwerk
Ratten!
Prometheus Games Softcover
72 Seiten
ISBN 9783941077010
www.prometheusgames.de
In den Tiefen der Rattenburg leben die Ratten, organisiert in Rotten. Sie behaupten sich jeden Tag aufs Neue, folgen ihren Idealen, habe ihre Traditionen und Ziele. Sie sind die Herrscher über die Rattenburg, die einst von den Erbauern zurückgelassen wurde.
„Ratten!“ ist mit seinen knapp siebzig Seiten ein kurzes, aber sehr innovatives Rollenspielregelwerk aus dem Hause Prometheus Games und gehört zum Projekt Kopfkino. „Ratten!“ legt keinen großen Wert auf ein perfekt ausbalanciertes Regelsystem oder eine bis ins Detail ausgearbeitete Hintergrundwelt. Nein, „Ratten!“ ist einfach anders.
Die Regeln sind unkompliziert und basieren auf sechsseitigen Würfeln, wie sie in jedem gut sortierten Spielwarenladen zu bekommen sind oder der eigenen Spielesammlung beiliegen. Bei einer Probe werden zwei Eigenschaften addiert und ergeben somit die Anzahl der Würfel, die der Spieler würfeln muss. Die beiden höchsten Zahlen ergeben zusammen dann das Ergebnis, dass über einem erforderlichen Mindestwurf liegen muss. Einfach, unkompliziert und gut für einen schnellen Spielstart geeignet.
Die Stärke des Spiels liegt dabei im spaßigen Hintergrund. Obwohl die Ratten vermenschlicht werden, sind und bleiben es noch immer Ratten. Zwar haben sie einige besondere Fähigkeiten, doch bleibt das Spiel auf dem Boden. Niemand mag eine Ratte in der Kanalisation spielen, aber eine Rotauge auf einer Expedition durch die Rattenburg ist doch etwas anders.
Die Rattenburg ist der Spielplatz der Nager. Es handelt sich um ein großes Kaufhaus, das von seinen Erbauern scheinbar über Nacht verlassen wurde. Warum, wieso und weshalb – keine Ratte kennt die Antwort. Die Ratten haben die Hinterlassenschaften jedenfalls erfolgreich an sich gerissen und die verschiedenen Rotten haben ihre Abteilungen und Nischen erobert.
Dabei bleiben diese Hinterlassenschaften für viele der Ratten ein Rätsel und der Rattenmeister – in anderen Rollenspielen üblicherweise Spielleiter oder Erzähler genannt – wird angehalten, die Gegenstände zu umschreiben und nie beim Namen zu nennen. Das fordert und fördert natürlich die Kreativität am heimischen Spieltisch und macht großen Spaß. So gibt es das ein oder andere „Aha!“-Erlebnis, wenn die Spieler begreifen, dass der Rattenmeister gerade einen Rasenmäher beschreibt, der mit seinen rotierenden Klingen eine Gefahr für die Ratten darstellt.
Im Zentrum des Spiels stehen neben den Abenteuern der Ratten die Rotten und die sozialen Verwicklungen. Die Rotten sind die Klans der Ratten und gut strukturiert. Sie haben ihre eigenen Gesetze, Traditionen und Lieder, die Wahl der Rotte bestimmt das Leben der späteren Ratte. Das macht Laune, das macht Spaß.
Sicherlich, „Ratten!“ ist kaum geeignet um unendliche Spielabende zu füllen oder umfassende Kampagnen zu spielen. Dafür fehlt es dem Spiel an Substanz – doch es eignet sich wunderbar als willkommene Abwechslung und für schnell mal Zwischendurch. „Ratten!“ ist sozusagen der Quickie des Rollenspiels, die heimliche Geliebte, mit der man seinem Haussystem gerne mal untreu wird, um später wieder zurückzukehren.
Das „Ratten!“-Regelwerk kommt als Softcover daher. Auf den pergamentfarbenen Seiten findet sich der gut strukturierte Text, der einfach und schnell zu lesen ist. Die Regeln machen einen eher kleinen Teil aus, die Hintergrundinformationen und –texte dominieren das Heft. Dazu die unheimlich guten farbigen Illustrationen, die das Heft schmücken und einfach nur wunderbar sind. Sie sind der Pfeffer, der die ganze Sache verschärft.
Mit „Ratten!“ liegt man eigentlich immer richtig. Das Spiel macht Spaß, das Spiel macht Laune und das Spiel ist witzig. Genau so was bringt frischen Wind in die manchmal doch recht altbacken wirkende Rollenspielszene, die stark auf Spiele aus dem Ausland setzt und dabei die eigenen Stärken und Kreativköpfe vernachlässigt. Dabei zeigt „Ratten!“ ganz deutlich: Daheim bei Muttern schmeckt es noch am besten. Und die Moral von der Geschichte? „Ratten!“
(Günther Lietz)