Warhammer 40.000 – Schattenjäger
Owen Barnes, Kate Flack, Mike Mason
Schattenjäger
Warhammer 40.000-Rollenspiel
Feder & Schwert; Heidelberger Spieleverlag; Hardcover
431 Seiten; ISBN 978-3-86762-036-9
OT: Warhammer 40.000 Roleplay – Dark Heresy
Deutsch von Oliver Hoffmann
Umschlagillustration von Clint Langley
www.feder-und-schwert.com
www.hds-fantasy.de
www.fantasyflightgames.com
Im 41. Jahrtausend kämpft die Inquisition im Namen des Imperators gegen verborgene Kulte, grausame Aliens und übernatürliche Dämonen. Ketzer, Xenos und das Chaos warten nur darauf, die Menschheit zu vernichten.
In „Schattenjäger“ schlüpfen die Spieler in die Rolle eines Inquisitors, um all jenen Schrecken die Stirn zu bieten. Am Anfang ein kleiner und unbedeutender Akolyth, später ein einflussreicher Agent des verehrten Imperators – falls der Charakter nicht vorher getötet, wahnsinnig oder verschleppt wird. Lohn der Mühen sind weder Anerkennung noch materielle Reichtümer. Nein, aber danach strebt ein Inquisitor auch keineswegs. Wie alle treuen Bürger des Imperiums lebt er um zu dienen. Es ist keine Frage ob jemand stirbt, sondern nur wo, wie und für wen.
„Warhammer 40.000“ ist eine düstere Spielwelt. Sie basiert auf dem Hintergrund des gleichnamigen Tabletops des englischen Spieleverlags Games Workshop. Im Tabletop treten Armeen des Imperiums, der Orks, Eldar, Tyraniden, Tau und anderer Rassen gegeneinander an. Auf den heimischen Tischen werden gewaltige Schlachten im Miniaturformat geschlagen und mittels „Schattenjäger“ können die Spieler nun eine neue Dimension des Spiels erleben. Dabei sind Kenntnisse des Tabletops keine Pflicht. „Schattenjäger“ ist vollständig alleine spielbar und bedient sich nur des düsteren Space-Gothic-Hintergrunds.
Die Grundregeln des „Warhammer 40.000“-Rollenspiels basieren weitgehend auf den „Warhammer Fantasy Rollenspiel“-Regeln. Sämtliche relevanten Werte des Charakters besitzen einen bestimmten Prozentwert, der für die verschiedenen Proben herangezogen wird. Gewürfelt wird dementsprechend mit zwei zehnseitigen Würfeln. Der Zehnerwert einer jeden Eigenschaft generiert dabei einen Bonuswert, der wiederum für weitere Eigenschaften und Mechanismen von Bedeutung ist. So wird der Gewandtheitsbonus für die Initiative benutzt, um die Reihenfolge im Kampf zu bestimmen. Das wirkt sehr stimmig und durchdacht. Vor allem ist das System eingängig und leicht verständlich – im Gegensatz zum „Warhammer Fantasy Rollenspiel“.
Die Charaktererschaffung ist ziemlich simpel, allerdings auch sehr abhängig vom Zufall. Fast alles kann ausgewürfelt werden. So bekommen die Spieler nicht unbedingt das, was sie wollen. Um mehr Kontrolle zu besitzen, sollte man den Zufall also ein wenig ausblenden – aber jeder nach seinem Geschmack. Der Standard geht davon aus, dass ein Spieler die Rasse für seinen Charakter wählt, dann die Attribute von oben nach unten würfelt und anschließend einen Karrierepfad aussucht. Eine freiere Verteilung der Attribute (optionales Kaufsystem) sorgt eher für einen Wunschcharakter.
Die verschiedenen Rassen sind von den Heimatwelten des Charakters abhängig. Zur Auswahl stehen Urzeitwelten, Makropolwelten, Imperiale Welten und Kinder der Leere. Alles hat seinen ganz eigenen Reiz und bietet andere Möglichkeiten, Spielinformationen und Regelinhalte.
Als Karrierepfade stehen dem Charakter Abschaum, Adept, Arbitrator, Assassine, Imperialer Psioniker, Kleriker, Soldat und Techpriester zu Verfügung. Dabei wird die stete Entwicklung der einzelnen Pfade mittels einem Karrierebaum durchgeführt, der sehr dynamisch aufgebaut ist. Die grafische Aufmachung ist einfach schick und so macht die Steigerung schlussendlich großen Spaß. Dabei begrenzen die Karrierepfade auch die verschiedenen Wahlmöglichkeiten. Eigenschaften zu erhöhen, Fertigkeiten und Talente zu erwerben kostet Erfahrungspunkte, die im Spiel hart verdient werden müssen. Die Kosten sind je nach Karrierepfad auch mal ziemlich verschieden, Steigerungen anders limitiert oder manchmal gar nicht vorhanden. Das sorgt für einen stimmigen Charakter, der auch nur das macht, was zu ihm passt.
Ein sehr gut umgesetztes Konzept ist auch das Rangsystem. So offenbaren höhere Ränge auch mehr und mächtigere Wahlmöglichkeiten. Um einen bestimmten Rang zu erlangen, muss aber auch eine bestimmte Anzahl an Erfahrungspunkten ausgegeben werden. Das macht einfach Laune und hebt sich von anderen Rollenspielen ab.
Freunde des Übernatürlichen können psionisch begabte Charaktere spielen. Allerdings ist die Psi ein zweischneidiges Schwert. Wird beim Einsatz eine 9 gewürfelt, kann das verheerende Auswirkungen haben. Das reicht von einfacher Desorientierung, bis hin zu Strömen aus Blut. Mal ganz davon abgesehen, dass ein Charakter so auch schnell mal als Ketzer vom Mob gejagt und hingerichtet wird.
Das Ausrüstungskapitel ist ziemlich umfassend, vor allem der Bereich Waffen und Panzerung. Es gibt hier im Grunde genommen alles, was das Herz begehrt. Vom einfachen Messer, bis über das beliebte Sturmgewehr, bis hin zu den kostbaren Boltern – alles vorhanden. Allerdings sind die Preise recht happig und die Sachen auch nur schwer in die Finger zu bekommen. Aber wenn der Charakter sie erst einmal besitzt, dann ist er auch stolz darauf und zeigt den Ketzern, wo die Flamme herausschießt. Witzigerweise können Fahrzeuge erworben werden, aber es gibt im Buch keine Regeln dazu.
Die Regeln eines Spiels sind natürlich Dreh- und Angelpunkt. Hier punktet „Schattenjäger“ ziemlich hoch. Die Konzepte sind leicht zu verstehen und optimal auf den Hintergrund angepasst. So kann ein Charakter langsam dem Wahnsinn anheim fallen, durch Mutationen geplagt oder vom Chaos verdorben werden. Glücklicherweise gibt es Schicksalspunkte, mit deren Hilfe aus Pech vielleicht doch noch Glück wird. Gibt man einen Schicksalspunkt aus, darf man einen Wurf wiederholen. Die Punkte bauen sich auch wieder auf, außer man zehrt sie auf, zum Beispiel, um dem sicheren Tod zu entgehen. „Schattenjäger“ ist hart, aber auch fair. Das spiegelt sich ebenfalls im Kampfsystem wieder. Es ist einfach gehalten und trotzdem detailliert. Erschöpfung, Verwundung und kritische Treffer sind fester Bestandteil des Systems, sehr plastisch umgesetzt und machen Spaß.
Einen Großteil des Regelbuchs nimmt das Hintergrundmaterial ein. Der Leser erfährt mehr über das Imperium, wie das Leben im Dienste des Imperators aussieht, wie die Inquisition organisiert ist, wie man den Feind über den Haufen ballert, zerlegt und erkennt und vieles mehr. Als Hintergrund ist der Calixis-Sektor vorgegeben und teilweise ausgearbeitet. Es gibt jedoch genügend weiße Flecken, die der Spielleiter mit Leben füllen kann oder er siedelt sein Spiel in einer ganz anderen Ecke des Universums an. Die Möglichkeiten sind schier unbegrenzt.
Den Abschluss bildet ein kleines Einführungsabenteuer. Trotz der Kürze und des einfachen Plots, macht es großen Spaß und führt in die Regeln des Spiels ein.
„Schattenjäger“ ist ein spannendes, düsteres und trotzdem humorvolles Spiel. Die Regeltexte sind leicht verständlich und flüssig geschrieben. Das Konzept und die Regelsysteme überzeugen durch Nachvollziehbarkeit und Transparenz. Kenner des Tabletops werden zwar viele der erstklassigen Illustrationen wiedererkennen, aber diese Wiederverwertung aus anderen Publikationen ist trotz allem stimmig. Wer sich besonders gut mit der Materie auskennt ist übrigens in der Lage, anhand der Tabletop-Regeln die Werte für verschiedene Gegner auszurechnen und im Spiel einzusetzen. Allerdings bietet das Grundregelwerk genug Material, um auch ohne diese Möglichkeit zu spielen.
Einziger Kritikpunkt ist höchsten das sehr spezielle und enge Setting – aber egal, einen Inquisitor zu spielen macht einfach Spaß. Und mit ein wenig Arbeit sind auch andere imperiale Szenarien denkbar.
Die Aufmachung des Buchs ist mal wieder erstklassig. Feder & Schwert hat ganze Arbeit geleistet und übertrifft das englische Originalwerk bei weitem. Besitzer von „Dark Heresy“ sind im Grunde genommen zu bedauern. Selbst der Titel „Schattenjäger“ klingt prominenter und bedeutender. Das ist nur ein Merkmal der herausragenden Übersetzung durch Oliver Hoffmann, die auf dem Glossar von Game Workshop Deutschland basiert. Satz, Layout, Lektorat – Hut ab und Respekt!
Eine fantastische Hintergrundwelt, ein klasse System, eine exzellente Übersetzung und dazu die schicke Aufmachung des Buchs. „Schattenjäger“ ist ein Hit und eine Top-Empfehlung!
(Günther Lietz)