D20 Firefly Spielbericht 6: Verräter an Bord
Nach der Reparatur des Schiffs war es an der Zeit, sich zu verabschieden. Archer blieb auf Whitefall zurück, um als Shepherd die Gemeinde von Haselnut Valley zu betreuen. Obwohl Ken ein mulmiges Gefühl in der Magengegend hatte, bestieg er ebenfalls die Wind Drake. Demolitions Tod machte ihm zu schaffen – oder die Fischsuppe, die sie kurz vor Start hatten. Die schlug jedenfalls Captain Alistair Heinlein auf den Magen, der die meiste Zeit des Fluges auf seiner Toilette verbrachte und den Autopiloten die größte Arbeit machen ließ.
Die Reise nach Beylix dauerte knapp sechs Tage, in denen sich die Leute näher kennen lernten. Dick Colt erzählte von seinem Leben als Flüchtling und wie ihm seine Daisy in dieser Zeit geholfen hatte. Ken nutzte die Gelegenheit, um bei einigen Pokerpartien seine Finger zu üben, während Elaine ihr Shuttle herrichtete. Sie war froh weit von den Crewkabinen entfernt zu sein, denn Alistairs rege Darmtätigkeit duftete manches mal sogar bis ins Cockpit hinein. Es musste die Fischsuppe gewesen sein! Doch endlich erreichten sie Beylix.
Dick Colt gab Alistair die Koordinaten durch und schon bald schwebte die Wind Drake über einem kleinen See aus Giftschlamm und Schrott. „Genau im Zentrum ist der Container. Er ist tief im Schlamm, deswegen brauche ich unbedingt die Hilfe von Leuten, die sich mit Bergungen auskennen.“
Die Crew sah sich kurz an, dann flog Alistair die Landezone von Marble Town an. „Uns fehlt es am passenden Gerät.“, erklärte Ken. „Hoffentlich bekommen wir das hier günstig zu kaufen.“
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Derweil war die junge Gelegenheitsarbeiterin und Tierschützerin Miho auf der Miller-Farm mit ihrem Boss am sprechen. Die Sache sah verdammt schlecht aus. Zwar hatte der Klärschlamm den Ertrag auf satte zwanzig Prozent gesteigert, doch die Bank fraß den gesamten Gewinn auf. Um an neue Saat zu kommen beschloss Mike Miller also, sein altes Bergungsgerät zu verkaufen.
„Miho, die Sache ist einfach fen! Ich werde Dich die nächste Saison nicht bezahlen können. Und für die letzte Saison gibt es auch nur dann Geld, wenn ich das Gerät verkauft bekomme. Lass uns in die Stadt fahren. Ich versuche nochmals auf der Bank mein Glück und Du guckst, ob du einen Käufer findest.“
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Marble Town war eine kleine Stadt, doch Elaine hatten Glück. Auf dem Markt entdeckte sie eine junge Frau namens Miho, die entsprechendes Gerät verkaufte. Elaine handelte einen guten Preis aus und schon wechselte die schwere Maschine den Besitzer.
Ken nutzte die Gelegenheit, um sich kurz abzusetzen und im Saloon ein Spielchen zu wagen. Dabei lernte er Lyzolda kennen. Eine lausige Spielerin, aber sie erzählte davon, dass sie oft als Frau fürs Grobe angeheuert wurde. Ken wusste, dass an Bord jemand für Grobarbeiten nützlich wäre.
„Duo!“ fluchte Ken innerlich und ließ sich nicht anmerken, das ein junger Farmer seinen Queen-Straight mit einem King-Straight geschlagen hatte. Knapp, aber verloren.
Ken und Lyzolda verabschiedeten sich aus dem Spiel und machten sich auf den Weg zum Markt, wo Elaine bereits mit dem Muli wartete. „Ken, das ist Miho. Sie hat uns das Gerät verkauft und wird und auch beim Transport helfen. Ich habe mich mit ihr unterhalten und sie ist wohl auf der Suche nach Arbeit. Bei dem was wir vorhaben, könnten wir ein paar starke Hände gebrauchen. Vor allem, da Alistair noch immer unabkömmlich ist.“
Ken dachte nach. Zwei neue Leute würde mehr Arbeitskraft bedeuten, aber auch mehr Vorsicht. „Xingxu. Elaine. Das sehen wir noch. Erst mal müssen wir uns über den Preis einig sein. Am laufenden Projekt können wir euch nicht beteiligen, da wir es bald abgeschlossen haben. Aber natürlich werden wir euch beide gut bezahlen.“, sagte Ken zu Miho und Lyzolda.
Die vier beluden das Muli, dann zeigte Miho in Richtung Bank. „Da ist mein Boss. Ich gebe ihm gerade das Geld und lasse mich auszahlen, dann können wir los.“
Miho stapfte quer über den Marktplatz, die anderen folgten ihr neugierig. Als Miller seine junge Saisonarbeiterin sah, wandte er den Blick beschämt ab. „Miho, alles geklappt?“
„Ai, Boss, keine Probleme und ein guter Preis.“, erklärte die junge Frau und übergab das Geld aus dem Verkauf. „Und wie sieht es bei dir aus?“
„Nicht so gut. Ich habe gerade genug übrig, um das neue Saatgut kaufen zu können. Shuh muh, Miho.“
In diesem Augenblick beschloss Lyzolda, sich für ihre neue Bekannte einzusetzen. Sie ließ ihre Waffe hochschnellen und legte auf Miller an. „Mister, rücken sie lieber das Geld raus, sonst puste ich ihnen ein Loch in den Schädel.“ Miller wurde bleich, ebenso Ken. Diese Frau war ja irre!
„Das können wir doch friedlich lösen.“, schlug der Gambler vor, während Miller der perplexen Miho verängstigt sein Geld in die Finger drückte.
„Nimm das und dann hau ab. Wir sind hiermit quitt. Bijiwo, Miho! Okay?“
“Ai.”, war die kleinlaute Antwort.
„Gibt es Probleme?“ fragte in diesem Augenblick eine männliche Stimme und alle drehten sich um. Der Sheriff und zwei seiner Leute standen nur zwei Meter entfernt, die Revolver locker in den Händen.
„Bu, ich habe alles geregelt.“, antwortete Lyzolda stolz.
„Dan yuan ru ci!“ rief Miller aus. „Sie hat mich mit der Waffe bedroht. Ich will Anzeige erstatten.“
Elaine und Ken musste nun ihr ganzes diplomatisches Geschick aufbringen, um die Situation zu entschärfen. Keiner von beiden wollte Ärger mit dem Gesetz – jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt. Schlussendlich zahlte Miho ein Teil des Geldes an Miller zurück und entschuldigte sich mehrmals bei ihrem ehemaligen Boss, der Verständnis zeigte. Immerhin war Miho dem Farmer ans Herz gewachsen und hatte nur die falschen Leute kennen gelernt.
„Nach dem alles geregelt ist, können wir eigentlich los, oder? Miho, wo guckst Du denn hin?“ fragte Ken.
Miho zeigte über den Marktplatz. „Ich glaube das ist euer Muli, das da gerade von zwei jugendlichen Gaunern geklaut wird.“
„Ta ma de!“ rief Ken wütend. „Warum sagst du denn nicht sofort was?“
Die kleine Gruppe spurtete sofort los, was die beiden jungen Männer bemerkten. Sie griffen sich einige lose Teile und sprangen vom fahrenden Muli ab. Einer lief nach Links, der andere nach Rechts, was für letzteren ein Fehler war, denn Ken setzte sich auf dessen Spur und holten den Flüchtigen ein.
Der junge Mann ließ vor Schreck sein Diebesgut fallen, als er in den Lauf von Kens Revolver blickte. Es handelte sich dabei um eine Platine, die entzwei brach.
„Ta ma de!“ fluchte Ken, worauf der Jugendliche weinerlich „Qiuqing!“ ausrief. Doch Ken kannte keine Gnade und drückte ab.
Der Betäubungsschuss traf, hatte aber keinen sichtbaren Effekt. Also drückte Ken nochmals ab, bevor der junge Mann sein flehendes „Qiurao!“ zu Ende bringen konnte.
„Gibt es Probleme?“ fragte in diesem Augenblick eine männliche Stimme und Ken drehte sich um. Der Sheriff und zwei seiner Leute standen nur einige Meter entfernt, die Revolver locker in den Händen.
„Nein, alles geregelt. Ich habe den Knaben beim Diebstahl erwischt. Sobald er wach ist, verhöre ich ihn.“, sagte Ken grinsend und fesselte sein Opfer. Der Sheriff schüttelte nur den Kopf.
„Bu, xiangsheng, wir haben hier keine Selbstjustiz. Entweder sie erstatten Anzeige und ich nehme den Pianzi mit, oder sie lassen es sein und ich stecke ihn in eine Aufwachzelle. Suchen sie es sich aus.“
Ken dachte kurz nach, dann entschied er sich, den Gauner laufen zu lassen. Er würde ihn sich vorknöpfen, sobald er aus der Polizeistation kam. Immerhin hatte der andere Kerl auch eine Abreibung verdient. Niemand bestahl einen Gambler wie Ken McLeod ungestraft.
Ken ging zu den anderen zurück. Während er, Elaine und Lyzolda das Muli zur Wind Drake brachten, sollte Miho Wache stehen und den Gauner abpassen, sobald er das Polizeirevier verließ. Der erste Teil des Plans war kein Problem, doch den jungen Dieb abzupassen klappte weniger. Dieser war auf tragische Art und Weise plötzlich verstorben.
Für die geklauten Teile Ersatz zu bekommen, war ein Leichtes. Auf Beylix – auch bekannt als Müllhalde des Sonnensystems – bekam man einfach alles, halt stark gebraucht und manchmal kurz vor dem explodieren.
Alistair und seine Mannschaft flogen nun zurück zum Giftschlammsee. Lyzolda stieg in einen extra gekauften Schutzanzug und ließ sich mit dem Haken hinab. Nach einigem Suchen stand fest, dass dort kein Container war – oder er war zu tief abgesackt.
„Gai si!“ fluchte die Mannschaft einvernehmlich und Ken stapfte los, um mit Dick zu sprechen. Die beiden Senioren hatten sich wohl in ihre Kabine zurückgezogen. Dem war nicht so und die beiden Colts waren auch nicht woanders auf dem Schiff.
„Die müssen in Marble Town die Wind Drake verlassen haben, Ken.“, sagte Elaine. „Da stimmt was nicht.“
„Ta ma de, wir wurden hereingelegt!“ knurrte Ken wütend und Elaine nickte nur, während Alistair wieder auf die Toilette rannte.
*****
In Marble Town zurück, suchte die Mannschaft nach Dick und Daisy Colt. Dabei erwiesen sich Elaines soziale Fertigkeiten und offensichtliche Argumente als sehr nützlich. Scheinbar hatten die Colts mit einem lokalen Verbrecher namens Gin Guan gemeinsame Sache gemacht und waren auch für den versuchten Diebstahl des Mulis verantwortlich. So wie es aussah, hatte Daisy Colt den jungen Verbrecher auf dem Gewissen und waren die beiden älteren Herrschaften im Sunflower Motel abgestiegen.
Also beschloss die Mannschaft, die Colts dort zu besuchen. Während die Frauen Schmiere standen, klopfte Ken an die Türe. „Wer da?“ antwortete Dick Colt.
Ken verstellte seine Stimme und beschloss eine ausgeklügelte und wohl überlegte List anzuwenden: „Zimmerservice! Ich soll etwas abgeben!“
Es dauerte einige Sekunden, dann rief Dick Colt zurück: „Haut ab! Ich habe nichts bestellt! Ta ma de! Ihr könnt meiner Frau ausrichten, dass ich da nicht mehr mitmache! Ich habe Freunde in der Stadt mit einem Raumschiff! Die sind bald hier und werden mir helfen! Biejiwo!“
„Dick, ich bin es, Ken!“
„Ken? Ken McLeod?“
„Ai.“
Fast augenblicklich wurde die Türe aufgerissen und Dick Colt stürmte heraus. Er umarmte Ken erleichtert. „Ken, ich bin froh dich zu sehen. Ich glaube Daisy ist verrückt geworden. Sie hat plötzlich davon gesprochen alles zu behalten und mich gezwungen das Schiff zu verlassen, nach dem ich euch falsche Koordinaten geben sollte. Erst habe ich noch versucht ihr das auszureden, aber sie ist so uneinsichtig. Ich glaube sie baut großen Mist. Aber wie kann sie nur, Ken? Ich meine, wir lieben uns doch? Oder waren all die Jahre nur eine Lüge?“ Dick Colt schien verzweifelt, sein Herz gebrochen.
„Gehen wir erst einmal auf die Wind Drake zurück und sehen dann weiter, Dick.“ Ken war sichtlich betroffen …