Savage LOST – Mal etwas anderes

Was für ein schöner Rollenspieltag, würde ich sagen. Der Start war ziemlich gut. Nach einem kleinen Brunch und den dazugehörigen Serien (Kurzzusammenfassung und Riffing von „Grimm“, Nervenkitzel und Kunst mit „White Collar“, Action und Familie mit „Terra Nova“ und lustigen Genitalproblemen bei „New Girl“) starteten wir mit einem kleine One-Sheet. Okay, eigentlich sollte es ein One-Sheet werden, schlussendlich belief sich das Abenteuer mit Titelblatt und zwei Handouts auf neun Seiten.

Ich wollte mal ein paar Settingregeln ausprobieren und mich an einem bekannten, aber dennoch anderen Kampagnenhintergrund versuchen: Savage LOST! Genau. Zum einen bin ich ein großer LOST-Fan (und ja, ich mag sogar das Finale) und zum anderen ist die Thematik einfach toll. LOST war weder die erste Survival-Sendung im TV, noch wird es die letzte sein. Der Überlebenskampf des Menschen hat einen großen Reiz und wird gerne eingesetzt – selbst in „friedlichen“ Spielen wie „Minecraft“.

Das ganze Szenario war für einen Spieltag ausgelegt. Das hat nicht ganz gereicht, weil wir spät angefangen haben. Allerdings hatte ich ein alternatives Ende vorgesehen und war zuversichtlich, wie gewünscht fertig zu werden. Ich habe gleichzeitig auch meinen Tablet PC ausprobiert, denn langsam werden die Druckkosten der PDFs und das Gewicht der Bücher einfach zu hoch. Ganz nebenbei kann so ein Ding auch noch einige andere schöne Sachen – vorausgesetzt, es gibt passende Apps.

Zum Einsatz kam ein „Archos 10.0 internet tablet“ mit 16 Gigabyte und einem Besitzer, der keine Lust auf Smartphones hat. Mein Archos hat aber einen ausreichend großen Bildschirm. Die Energie reichte locker zum Spielen aus und hatte spät am Abend noch immer ordentlich Reserven. Das Gewicht fiel kaum auf, Rollenspielbücher sind da um einiges schwerer und sperriger. Zudem hat das Ding einen normalen USB-Port und kann problemlos an den PC angeschlossen werden. Netzwerke waren bisher auch keine große Sache. Die Apps sind halt auf Smartphones ausgelegt, so ein Tablet PC kann aber eigentlich etwas mehr – vor allem in der Ansicht. Jedenfalls hatte ich das Abenteuer übers Netzwerk gezogen, den Reader von Adobe drauf und war bereit.

Das Szenario sieht vor, dass sich die Spieler an Bord eines Kreuzfahrtschiffes befinden (der Poseidon), das im Pazifik in einen Taifun gerät. Das Schiff kracht auf ein Riff und die Spielercharaktere gehören zu den wenigen Überlebenden, die am Strand aufwachen. So habe ich mir das jedenfalls gedacht, aber meine Spieler hatten ganz andere Pläne.

Erst einmal kamen sie auf die Idee, Handicaps und Talente weitgehend dem Zufall zu überlassen und sich im Spiel davon leiten zu lassen. Wir spielten mit den Regeln Held mit Fehler und so gab es einige abenteuerliche Kombinationen, die im Spiel aber super umgesetzt wurden und großen Spaß machten. Das fand ich ziemlich klasse.

Mein Plan die Überlebenden am Strand aufwachsen zu lassen, ging aber gründlich schief. Nein, die Gruppe wollte lieber kurz vorher anfangen, an Bord der Poseidon, um den Untergang mitzuerleben. Kurz darüber nachgedacht und dann einfach losgespielt. So gab es bereits an Bord erste kurze Begegnungen und dramatische Entscheidungen. Ach du Schande, das war ziemlich filmreif und so gab es da schon die ersten Bennies. Ich habe mir damit sozusagen ein Kinoticket gelöst. Die Spielfreude war wohl vorhanden, denn auf dem hohen Anfangsniveau ging es weiter. Wer das Abenteuer später mal spielen möchte, sollte langsam aufhören zu lesen, da ich es in den nächsten Wochen zum Download bereitstelle.

Mein Plan sah nun vor, dass die Überlebenden am Strand gegen drei lebensbedrohliche Hauptprobleme vorgehen mussten. Die Spielercharaktere standen dabei natürlich im Rampenlicht. Dann kamen sogenannte Gruppenführer, die ebenfalls Leute um sich geschart hatten. Die Gruppenführer sollten vorwiegend mit den Anführern (den Spielercharakteren) agieren. Das ist überschaubarer und leichter auszuspielen, als wenn ich als Spielleiter unendliche Rollen übernehmen müsste. Das ist viel zu anstrengend und macht nur wenig Spaß.

Die ganze Sachen knirschte hier und da zwar mal ein wenig, funktionierte aber. Erst einmal wurde sich um die Verletzten gekümmert, es fanden die ersten Gespräche statt und alle Charaktere lernten sich besser kennen. Auch die Strömungen der unterschiedlichen Gruppen traten langsam hervor und konnten von den Spielern im Spiel benutzt werden.

Der von mir ausgedachte Mechanismus sah nun vor, dass Abends die Würfe für die Überlebenden gemacht wurden, um die Marker abzubauen. Morgens dann (Überraschung!), war die Insel an der Reihe. Die arbeitete nämlich gegen die Überlebenden und war eine Wildcard.

Zwei von drei Problemen bekamen meine Spieler jedenfalls schnell in den Griff. Aber frisches Wasser und Nahrung waren ein Problem. Die Situation drohte zu eskalieren, denn einer der Spieler war in die Rolle von Josè geschlüpft, einem kolumbianischen Geschäftsmann. Sein Geschäftsfeld: Drogen. Zudem ein Egoist und arroganter Kerl. Das Problem: Genau der Typ kannte sich im Dschungel aus und wusste, wie an Nahrung und Wasser zu kommen war. Gleichzeitig hatte der Spieler auch Glück und sein José hatte ein Überlebensmesser gefunden.

Josè arbeitete nun auf eigene Rechnung und begann einen kleinen Tauschhandel. Zur Überraschung der Spieler gab es sogar eine Gruppierung, die das Verhalten unterstützte. Das Recht des Stärkeren halt. Trotz allem wurde das politische Gleichgewicht im Lager gehalten.

Um an nützliche Sachen zu kommen, baute der britische Ingenieur Andrew ein kleines Floß mit Paddeln. Der kleine Mann mit Plateauschuhen nahm noch die amerikanische Ärztin mit, Audrey. Zwar hässlich, aber gut im Umgang mit Menschen – trotz ihrem düsteren Geheimnis. Ziel war es nämlich zu einem Wrackteil der Poseidon zu fahren, dass sich draußen auf dem Riff befand. Vielleicht gab es dort Ausrüstung und Überlebende. Auch Josè fuhr mit, da er einen kräftigen Eindruck machte und für die Überfahrt mit Kokosnüssen zahlte. Der Kolumbianer hoffte, im Wrack etwas wertvolles zu finden.

Natürlich gab es einige Sachen an Bord der Poseidon. Die nächsten Tage gab es einen regen Verkehr zwischen Wrack und Strand. Schlussendlich konnten die Unterkünfte dauerhaft befestigt werden, gab es genug zu Essen für alle und waren die Überlebenden medizinisch versorgt. Es gab sogar einige Waffen und einiges an nützlichem Zeug. Dafür setzte ich eine Zufallstabelle ein. Als das Wrack aber zu wacklig auf dem Riff lag, nahmen meine Spieler Abstand von weiteren Besuchen.

Die ganze Sache war jedenfalls sehr unterhaltsam gelaufen. Durch die Regel Dreckiger Schaden bekam ich bei Verletzungen auch das erwünschte LOST-Feeling. Wunden können in schlimmeren Verletzungen enden, sind aber mit Heilung der Wunden wieder weg. Ähnlich funktioniert das in der Serie, da sind die Figuren auch schnell wieder fit.

Nachdem das Lager am Strand befestigt und bisher keine Hilfe eingetroffen war, beschlossen José, Audrey und Andrew das Landesinnere zu erkunden. Das hatte zuvor bereits Bamm! versucht, ein Ex-Footballspieler, aber ohne Erfolg. Nun wagten die Anführer ihr Glück.

Die Sache verlief auch recht gut und die Charaktere kamen gut voran. Bis ein elektrisches Summe immer lauter wurde und auf die drei zuhielt. Dabei wurden auch Bäume wie Streichhölzer weggeknickt. Also nahmen die Drei die Beine in die Hand und liefe los. Klasse, das funktionierte prima. Die Idee hatte ich zwar aus LOST geklaut, aber das ganze Setting war zusammengeklaut. Ich bin kein Freund davon, dass Rad neu erfinden zu wollen. Ich sorge nur für den Chrom.

savage-lost-visitor-centerDas Summen war von einem Augenblick zum nächsten weg – und die Anführer (oder Auserwählten, ich überlege da noch) standen auf einer Straße von dreißig Metern Länge, die an einem runden Bau mit Glaskuppel vorbeiführte.

Hier war nun der Zeitpunkt gekommen, um sich für eines der Enden zu entscheiden. Die eine Alternative sagt einfach aus, dass hier ein Hotel steht und Bamm! es einfach nicht gefunden hat. Keine einsame Tropeninsel, sondern ein Ferienresort. Meine Spieler wollten aber die zweite Alternative, dass es sich um eine Ruine handelte, voller Geheimnisse. Eine Sitzung war ihnen zu kurz. Okay, kein Problem, hänge ich noch was dran und hoffe, dass der Spielspaß anhält.

Schlussendlich habe ich mal wieder eine Menge gelernt und bin etwas schlauer als zuvor. Jedenfalls hoffe ich das. Savage LOST hat jedenfalls sehr viel Laune gemacht. An dieser Stelle Dank an meine Spieler, die mitgemacht haben.

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